Bevor Inside Out 2, dem Paolo Genoveses konservative Komödie das grundlegende Szenario schuldet, vor einem Jahr in die US-Kinos kommen durfte, wurden aus der Handlung auf Insistieren reaktionärer Kräfte innerhalb der Produktion jeder noch so vage Anschein queerer Nuancen getilgt. Paolo Genovese fand diese Maßnahme vermutlich massiv unzureichend. So drehte der italienische Regisseur eine eigene, diesmal an ein erwachsenes Zielpublikum gerichtete Variation der Prämisse, ganz im Geiste binärer Gender-Konsttrukte. Jene sind Ausgangspunkt, Motor, Logik und Message des peinlich bigotten Szenarios.
Das ist zugleich ermüdend banal und überkonstruiert. Lara (Pilar Fogliati) und Piero (Edoardo Leo) haben ihr erstes Date. Doch den romantischen Abend beim Dinner in ihrer Wohnung sind sie nicht ganz unter sich. Mit dabei sind die personifizierten Stimmen in ihrem Kopf, die das Geschehen kommentieren und dirigieren. Beide haben jeweils vier davon, Frauen bei Lara Männer bei Pietro. Wer welches Gefühl darstellen soll, impliziert erst der Abspann. Menschliche Tiefe und Glaubwürdigkeit kommen nie auf, wozu das schauspielerische Chargieren seinen Teil beiträgt.
Passend zum vorgestrigen Menschenbild, das hier mit reichlich altbackenem Altherren-Gelächter, doch gänzlich ironiefrei propagiert wird, sind die Emotionen nicht identisch. Bei Piero gibt es Ration, Pragmatismus, Leidenschaft und Liebe. Bei Lara Schwärmerei, Intuition, Wankelmut und Prinzipientreue. Das daraus zusammengestellte Gesamtbild ist klar: Männer denken logisch, praktisch, passioniert und dennoch mit Herz. Frauen wollen mal dies, dann wieder das, haben keine Ahnung, aber dafür Ahnungen, sind verträumt und verbohrt zugleich. So reduktiv und reaktionär wie diese Annahme sind auch der Humor und die Handlung.
Zweite beschränkt sich auf die Entwicklungen des Abends. Der birgt keine einzige Überraschung, dafür umso mehr plumpe Beziehungsratschläge. Lara lässt Piero als Zeichen ihrer Zuneigung im Fernsehen Fußball gucken. Denn alle Männer gucken natürlich Fußball, wovon eine Frau natürlich so wenig versteht, dass sie nichtmal die Mannschaften auseinander halten kann. Im Gegenzug duldet Piero, dass Lara statt eines attraktiven – aber, wie sexworker-feindlich Dialoge klarmachen, nur nicht zu attraktivem – Outfit, dass sie extra für ihn ausgewählt hat, ein T-Shirt trägt. So sieht Liebe aus.
Das dramaturgische Dogma Paolo Genoveses gestriger Gender-Comedy ist so originell und amüsant wie die Aussage, Männer kämen vom Mars und Frauen von der Venus. Die plumpe Prämisse bleibt ebenso unterentwickelt wie die prototypischen Figuren: Ansammlungen patriarchalischer Vorurteile, die ungeachtet des komödiantischen Überbaus als psychologische Einsichten gelten. Wo der als Blaupause dienende Inside Out hintergründig und nuanciert war, ist Genovese ignorant, brachial und verklemmt. Queerfeindlichkeit, Misogynie, Chauvinismus und Traditionalismus zementieren eine Ideologie im Sinne der Anti-Gender-Bewegung. Jene zumindest dürfte sich hier köstlich amüsieren.
- OT: FolleMente
- Director: Paolo Genovese
- Year: 2025