Es scheint absurd, einer Musikerin von Lady Gagas Format und Berühmtheit noch einen „großen Durchbruch“ zuzuschreiben, doch es ist der passende Ausdruck für ihre mitreißende Eruption in der dritten Leinwandfassung des klassischen Musical-Melodrams und prädestinierten Oscar-Anwärters. Die vielseitige Künstlerin enthüllt als aufstrebende Alley eine weitere schillernde Facette ihres Talents. Ihre vibrierende Verkörperung der von Selbstzweifeln geplagten Titelfigur sind Puls, Herz und nicht zuletzt Stimme, die das unnötige Remake einer altgediente Story am Leben erhalten. Bradley Coopers Debütregie wirkt belanglos gegenüber ihrer ungekünstelten Dynamik.
Die Diskrepanz zwischen unverbrauchter Kreativität und ausgelaugter Routine zweier sich überschneidender Karrierebahnen ist der interessanteste Aspekt einer Handlung, die verzweifelt den ihrem Konzept inhärenten Formalismus verleugnet. Während des ersten Akts des vorhersehbaren Rührstücks triumphieren Darstellerchemie und emotionale Authentizität fast über Konventionen, die im zweiten Akt dafür bleiern zurückschlagen. Den dramaturgischen Bruch verstärkt die schauspielerische Divergenz. Während Gaga jede Sekunde in der Figur der selbstbewusst auftretenden, innerlich tief verunsicherten Ally aufgeht, ist Coopers alkoholkranker Rockstar Jackson Maine nicht mehr als eine Ansammlung kantiger Country-Rocker-Klischees.
Statt auf dieser indirekten Parallele zum narrativen Kernmotiv aufzubauen oder gar die von Alley kurz angesprochenen Doppelmoral des Showbusiness anzugehen, baut der Plot auf die tragische Romanze der Hauptcharaktere. Deren gemeinsame Bühnenmomente sind (mit einer Ausnahme) irreale Kitsch-Phantasien wie vom Cover einer „Kuschelrock“-CD. Zwar ist der Soundtrack glücklicherweise geschliffener, doch die absurde Perfektion vermeintlich spontan improvisierter Gesangnummern verstärkt lediglich den faden Beigeschmack risikoscheuer Massenware. Das vorschriftsmäßige Ende bestätigt den Mangel an Selbstvertrauen und Originalität, die das Drehbuch ironischerweise als Essenz relevanten Kunstschaffens hervorhebt.
- OT: A Star is Born
- Regie: Bradley Cooper
- Drehbuch: Eric Roth, Bradley Cooper, Will Fetters, Dorothy Parker, Alan Campbell, Robert Carson, William A. Wellman
- Produktionsland: USA
- Jahr: 2018
- Laufzeit: 135 min.
- Cast: Lady Gaga, Bradley Cooper, Sam Elliott, Dave Chappelle, Anthony Ramos, Bonnie Somerville, Andrew Dice Clay, Michael Harney, D.J. ‘Shangela’ Pierce, Willam Belli, Steven Ciceron, Rebecca Field, Rafi Gavron, Andrew Michaels, Jacob Taylor
- Kinostart: 04.10.2018
- Beitragsbild © Warner Bros.