Die schönsten Briefe schreibt die Liebe. Klingt wie der Werbetext zu einer Schnulze? Ist es auch. Weil die Liebe nebenher keine Zeit mehr fürs Bücherschreiben hat, übernimmt Nicholas Sparks das. Wenn dann Sparks davon schreibt, wie die Liebe schreibt, klingt das so: „Ich habe die letzten zwei Stunden auf ein leeres Blatt Papier gestarrt.“ Diesen totalen Inspirationsmangel überträgt Lasse Hallström kongenial in die Romanadaption, deren deutscher Verleih-Titel adäquat die platte Story transportiert. Ähnlich fühlt man sich, wenn man nach der Nicholas-Sparks-Verfilmung das Kino verlässt, so fade und sinnleer ist der unter dem deutschen Verleihtitel Das Leuchten der Stille erscheinende Liebesfilm.
Savannah (Amanda Seyfried) verliebt sich in John (Channing Tatum). Statt ihr „I want You!“ erhört er das von Uncle Sam. Johnny gets his gun. Liebe ist bei Sparks die zu Pflichterfüllung und Vaterland. Zuneigung behauptet die moralinsaure Mär dort, wo sie Patriotismus geopfert wird. Rufen die Waffen, hält das Herz die Klappe. Zweifel oder Unlust angesichts des Kriegseinsatzes verspürt John nicht. Als vorbildliche Kämpferin an der Heimatfront hinterfragt Savannah seine Prioritäten nie. Trotzdem wird Johnnys Herz schwer getroffen: von einer Kugel und einem von Savannah verfassten Brief. Letzter beginnt mit der Titelfloskel und ist somit im doppelten Sinne ein Dear-John-Letter.
Sie trägt mit der Fürsorge für den Sohn ihres krebskranken Freundes Tim ihr eigenes Kreuz. Weil das noch zu leicht ist, lädt sie sich Tims Pflege auf und heiratet ihn. Bis dass der Tod sie von der Pflichterfüllung scheide. Der eigene Tod wohlgemerkt. Angesichts der Wohltätigkeitsexzesse der Figuren ist selbst Mutter Theresa eine Egomanin. Für Hurrikan-Opfer wird ein Haus gebaut, ein Vermögen gespendet, freiwillig der Militäreinsatz verlängert und ein Therapiezentrum für Kinder errichtet. Die Selbstverleugnung fanden die Marketingagenten so beflügelnd, dass sie im Presseheft Platz für „Inspirationen für Ihre Liebesbriefe“ ließen. Okay: Dear Nicholas Sparks, bitte schreib nie wieder irgendwas.
- OT: Dear John
- Regie: Lasse Hallström
- Drehbuch: Jamie Linden
- Produktionsland: USA
- Jahr: 2012
- Laufzeit: 102 min.
- Cast: Channing Tatum, Amanda Seyfried, Richard Jenkins, Henry Thomas, Scott Porter, Cullen Moss, Gavin McCulley, Jose Lucena Jr., Keith Robinson, D.J. Cotrona
- Kinostart: 06.05.2010
- Beitragsbild © Kinowelt