Selbst der stärkste Super-Computer erreiche nichtmal die Intelligenz einer Katze, sagt der hyperfixierte Hauptcharakter Simon Jaquemets AI-Apotheose. Deren unfreiwillige Ironie liegt in der eigenen narrativen Nähe zu einer von ChatGPT aus den dramaturgischen Versatzstücken besserer Werke zusammengestoppelten Story. Diese streift fast im Minutentakt faszinierende Motive, ohne deren philosophisches Potenzial zu erkennen. Das markanteste davon ist das Spannungsverhältnis zwischen Technologie und Tod in einer Welt, in der Computerprogramme Tote oder Todgeweihte in digitalen Sphären rekreieren können.
Angesichts gegenwärtiger AI-Programme, die Hinterbliebenen erlauben, ihre Trauer mittels digitaler Simulationen eines Schriftkontakts mit Verstorbenen betäuben können, ist diese filmische Vision weniger futuristisch als sie die exzessive Egoshooter-Optik und psychedelische Leucht-Installationen erscheinen lassen. Doch die realen Facetten einer in ethische Extreme vordringenden Innovation tangieren den perplexen Plot noch weniger als die rationalen Rahmenbedingungen einer sich in zunehmend abstruse Action-Szenen hochschraubenden Story. Jene beginnt noch bodenständig als menschliches Drama um die paradoxe Proximität von Geburt und Tod.
IT-Spezialist Sonny (Elliott Crosset Hove) und seine Freundin Akiko (Rila Fukushima) erfahren als überglückliche junge Eltern mit Schrecken, dass ihr neugeborener Sohn Toru aufgrund eines seltenen Gen-Defekts das erste Lebensjahr vollenden wird. Besessen davon, sein Kind zu retten, füttert Sonny dessen DNA einem noch in der Probephase befindlichen AI-Programm, das sich immer unkontrollierbarer entwickelt. Letztes gilt auch für die Handlung. Deren Logiklücken und strukturelle Splisse wirken wie ein konfuses Konglomerat aus mindestens drei grundverschiedenen Kurzfilm-Projekten.
Fazit:
Wenn Simon Jaquemets futuristisches Familiendrama nach fast zwei Stunden dramatischer Desorientierung endlich zu einer originellen Entwicklung findet, wirkt die emotionale Ernsthaftigkeit längst so aufgesetzt wie die moraltheoretischen Meditationen. Die apokalyptischen Antworten auf Fragen nach Grenzen und Gefahren einer nahezu allmächtigen Computermacht sind inszenatorisch und intellektuell gleichermaßen unterentwickelt. Einzig das eindringliche Schauspiel Rila Fukushimas und Sandra Guldberg Kampps verleiht der verworrenen Sci-Fi-Fabel humanistische Resonanz. Eine organische Intensität, die den kurios unzureichenden Special Effects und generischen Kamerabildern fehlt.
- OT: Electric Child
- Director: Simon Jaquemet
- Screenplay: Simon Jaquemet
- Year: 2024
- Distribution | Production © 8horses