Was haben der eurasische Luchs, der Bartgeier, die Aspisviper und der Braunbär gemeinsam? Sie sind ausgestorben. Wer bei dieser alarmierenden Nachricht vor Schreck aus dem Kinosessel kippt, kann sich wieder aufrappeln. Die genannten Tierarten gibt es in relativ stabiler Population, obwohl in der Eröffnungsszene Bruno Devilles Semi-Soap das Gegenteil behauptet wird. Nicht, weil der zweite Spielfilm des belgisch-französischen Regisseurs in naher Zukunft spielen würde, oder weil die Figur, die das hörbar denkt, im Irrtum sein soll.
Die Fehlannahme ist entweder ein weiteres Indiz, wie gleichgültig Deville und seinem Co-Drehbuchautoren-Duo Léo Maillard und Marina Rollman die gemeinsame Story ist, oder ein Witz. Was daran lustig sein soll? Vermutlich das gleiche, dass an Gletscherschmelze, der Klimakatastrophe und, dass erste für zweite verantwortlich ist, amüsant sein soll. Oder daran, dass die selbst im winterlichen Hotel-Schauplatz auf Arbeit fixierte Kim (Rébecca Balestra) keine Kinder möchte, oder die von Loris (Nathan Thomas) gekochte Suppe nicht schmeckt.
Jedenfalls nicht Victor (Vincent Veillon), bei dem Loris von seiner Mutter einquartiert wurde, und der in einer frühen Szene daran arbeitet, dass die Menschheit nicht unter die Titel-Kategorie fällt. Selbiges mit Tiff (Emilie Charriot), die zu seinem Missfallen eine offene Beziehung will. Womöglich als Ablenkung von ihrem Job als Tourismus-Managerin des Resorts, in dem Kim mit Frenemy Charlie (Tiphanie Bovay-Klameth) und zahlreichen weiteren Charakteren gastiert. Trotz des von einer Gruppe Öko-Aktivisten angedrohtem Bergeinsturzes. Lustig – oder?
Das ausufernde Gestrüpp unglaubwürdiger Handlungsfäden klingt nicht zufällig nach etwas aus dem Vorabend-Programm eines obskuren Ramsch-Senders. Dort gehört Bruno Devilles einschläfernden Elite-Eskapaden einer Gruppe Repertoire-Charaktere auch weit mehr hin statt in eine Nebensektion von Locarno. Dafür wurden die ersten zwei Episoden des Serien-Projekts zu einem ungelenken Pilotfilm zusammengeschnitten. Einem ziemlich abschreckenden, dessen konservative Selbstgefälligkeit und abgeschmackte Gags zur insuffizienten Inszenierung passen. Das Schauspiel ist so ausdrucksstark wie die Kulissen der Retorten-Reihe, die hoffentlich bald ausstirbt.
- OT: Espèce menacée
- Director: Bruno Deville
- Screenplay: Bruno Deville, Léo Maillard, Marina Rollman
- Year: 2024
- Distribution | Production © Rita Productions