“Schule ist die Zukunft. Aber auch hier gibt es eine Zukunft”, sagt in Prins‘ magisch-realistischem Doku-Drama einmal der Trainer der jungen Hauptfigur. Fanta (unbefangen verkörpert von Fanta Turpin) verrenkt sich wortwörtlich, um die allseitigen Anforderungen ihres Alltags in Conakry zu bewältigen. Die 14-jährige Protagonistin trainiert hart in einer Akrobatik-Gruppe, in der sie zu den wenigen weiblichen Mitgliedern gehört. Daheim bewältigt sie allein die Hausarbeit und kümmert sich um ihre chronisch kranke Mutter, die ihre Tochter wiederum drängt, für den Schulunterricht zu lernen.
Von ihren inneren Selbstzweifeln offenbart sie nur wenig – auch der Kamera. Jene bleibt von der ersten Szene an dicht bei Fanta, deren anstrengender Alltag in Guineas Business-Metropole ihr kaum einen Moment privater Ruhe lässt. Selbst in den raren Momenten, in denen sie scheinbar für sich selbst ist, ist sie es tatsächlich nicht, da die Filmcrew dabei ist. Nicht nur diese spürbare Präsenz des Filmteams untergräbt psychologische und emotionale Authentizität des Geschehens. Dessen überwiegend dokumentarische Aufnahmen Fantas Alltags kontrastiert Prins mit phantastischen Elementen.
Fluoreszierendes blaues Leuchten im Meerwasser zeigt die geisterhafte Anwesenheit einer Wasser-Göttin, die Fanta in einem Schlüsselmoment völliger mentaler und körperlicher Erschöpfung neue Stärke gibt. Dieses spirituelle Motiv, das in seiner Bedeutung ohne kulturellen Kontext schwer zuzuordnen ist, schmälert die Leistung der Protagonistin. Zugleich filtert sie die Guineische Gesellschaft durch eine weiße, eurozentrische Linse der Mystifizierung, die lokale Religion und Glaubensrichtungen nicht erkundet, sondern exotisiert. Solche plakativen Eingriffe unterstreichen, dass die Sehgewohnheiten des Zielpublikums hier mehr Beachtung finden als der Menschen vor der Kamera.
So relevant und spannend die schwierige Lebenssituation der jungen Heldin Prins unebener Mischung aus sachlicher Observation und Fantasy-Kinderfilm ist, so enttäuschend ist deren dramaturgische Umsetzung. Die komplexen Herausforderungen und die seelische Belastung, mit der die Hauptfigur fertigwerden muss, bleiben fragmentarisch und simplifiziert. Eine dea ex macchina Wendung untergräbt den realistischen Anspruch, den die dokumentaristische Optik und die in die Handlung geflochtenen realen Aspekte vermitteln. Die naturalistische Präsenz der Darstellenden und flüchtige Randeinblicke in den urbanen Makrokosmos bleiben die stärksten Facetten der unentschlossenen Inszenierung.
- OT: Fantastique
- Director: Marjolijn Prins
- Year: 2025