„Dachse sind klug, gerecht zu Menschen und Tieren, und ehrlich“, erklärt Pfadfinder-Gruppenleiter Gunnar (Øystein Martinsen) in einer frühen Szene Paul Magnus Lundøs Kinderfilms. Darin sind Dachse auch beängstigend reaktionär und alt-right-affin. Das jedenfalls lernen das kindliche Zielpublikum und der 11-jährige Held. Bernt (Nils Elias Olsen) möchte Pfadfinder werden, wie sein verstorbener Vater. Der gewann seinerzeit als bester Pfadfinder den Goldenen Scout und sein Sohn will ebenfalls die Trophäe. Allerdings hasst seine neue Adoptivmutter Gerd (Caroline Johansen) Pfadfinder, Gunnar und Wettkämpfe.
Deshalb ernennt sich Gerd selbst zur Co-Pfadfinder-Gruppenleiterin und „cancelt“ alle zukünftigen Wettbewerbe. Das vorbelastete Wort „canceln“ steht nicht versehentlich in der Filmbeschreibung des internationalen Verleihs Picture Tree International. Dessen Managing Director bringt den Kern des auf den ersten Blick harmlosen Kinder-Abenteuers auf den Punkt: “The Badgers ist ein Feel-Good-Abenteuer, das den zeitlosen Kampf zwischen Tradition und Fortschritt darstellt.“ Wer jetzt glaubt, Bernt und die Pfadfinder-Truppe stünden für den Fortschritt und die fiese Adoptivmutter für Traditionalismus, kenn die offizielle Synopsis nicht.
Die beschreibt Gerd mit dem rechts-konservativen Kampfbegriff „woke“, den die Poster-Tagline „Don‘t pwoke a sleeping Badger!“ wiederholt. Selbst ohne die rechten Phrasen spricht die reaktionäre Message unüberhörbar aus dem Szenario. Gerd hat Bert nur versehentlich adoptiert, weil sie seinen Namen als weiblich missverstand, hat bunte Haare und Klamotten, achtet auf Pronomen, wirft mit gefährlich aufgeklärten Erkenntnissen um sich, und möchte ihre eigene Alternative zu den Pfadfindern etablieren: eine Truppe, in der alle Kinder unabhängig von Hautfarbe, Gender oder Herkunft willkommen sind.
Dort dürften Kids ihre Identität (insbesondere Gender-Indentität) frei ausleben, ganz ohne Wettbewerbsmentalität. Der queere, links-liberale Alptraum jedes Rechts-Konservativen – und offenbar auch des Regisseurs. Lundø dient die in licht-bunten Bildern und adrettem Natur-Setting präsentierte Story um Wald-Wettkämpfe, einen unkameradschaftlichen Betrug und Versöhnung als Grundlage einer unangenehm bigotten Botschaft. Jene setzt Queerness, Sozialismus und Feminismus mit Verboten (aka „Cancel-Culture“), Feindseligkeit und intriganter Gier gleich. Dagegen stehen Traditionalismus und patriarchalische Hierarchien für Toleranz, Freundschaft und Spaß. Die Pfadfinder sind naturverbunden, Gerd erscheint als unnatürlich.
Bezeichnenderweise sind die Pfadfinder mit Ausnahme der Token-Figur eines einzigen Schwarzen Mädchens eine rein cis männliche weiße Gruppe. Ihre männliche Solidarität wird von Gerds aggressivem Feminismus buchstäblich infiltriert. Der Männerbund der Pfadfinder, dem dem Waisenkind Bernt Selbstvertrauen und Geborgenheit vermittelt und ihn zudem seinem verstorbenen Vater näher bringt, wird durch eine übergriffige liberale Agenda in seiner Existenz bedroht. Das schreit nach Satire – besonders, wenn Bernt wie in einem Faith-based Movie den Pfadfinder-Schwur auf Gott leistet – ist aber weit davon entfernt.
Talentierte Jungdarstellende, flottes Erzähl-Tempo und eine handwerklich solide Kamera und Schnitttechnik können Paul Magnus Lundøs neu-konservatives Message-Movie nicht retten. Der in seiner Alt-Right-Aggression bedrückend zeitgemäße Film, der perfiderweise ein Kinderpublikum anspricht, könnte direkt von den Angel Studios stammen, kommt aber aus Norwegen. Reaktionismus ist eben überall zuhause – leider.
- OT: Grevlingene
- Director: Paul Magnus Lundø
- Year: 2025