Dass Gerhard Ertls und Sabine Hieblers Rentnerinnen-Road-Movie reeller sein möchte als die österreichische Version vergleichbarer US-Komödien, in der eine Gruppe rüstiger Senior*innen gemeinsam auf eine Tour am Rande des Legalen geht, ist lobenswert. Allerdings verliert das Regie-Duo dabei nicht nur die Story aus den Augen, sondern auch deren Ziel. Das ist nur oberflächlich betrachtet so resolut und rational wie die betagten Heldinnen, die allein dank des überzeugenden Spiels der Darstellerinnen mehr sind als klassistische Klischees.
Die ehemalige Krankenschwester Toni (Margarethe Tiesel) ist angelegt als das Stereotyp der autarken Arbeiterin, laut und lebenslustig. Ihr äußerliches Gegenstück ist die frühere Schauspielerin Helene (Christine Ostermayer), deren Etikette und Ernst ihre gehobene Gesellschaftsklasse repräsentieren. Die Umstände, unter denen sich beide treffen, und natürlich trotz ihrer Verschiedenheit von Zweckgefährtinnen zu Freundinnen werden, steht exemplarisch für die Halbherzigkeit der Inszenierung. Jene berührt soziale Missstände zwar, aber bagatellisiert sie mittels Witzen und Wunschdenken statt sie zu kritisieren.
Beider Konstellation auf der gemeinsamen Tour nach Zürich, wo die krebskranke Helene Sterbehilfe in Anspruch nehmen möchte, reproduziert zudem unterschwellig ihre soziale Hierarchie. Toni sorgt dafür, dass Helene buchstäblich ans Ziel kommt. Sie selbst indes scheint keines zu haben, außer vielleicht Zigaretten und Alkohol. Die sind einmal mehr das typische Accessoire der unteren Schichten und suggerieren, Tonis körperlicher Abbau sei auf exzessive Lebensführung zurückzuführen, statt auf systemische Ausbeutung, die das versöhnliche Ende nicht aufwiegen kann.
Als Hommage an Christine Ostermayer, die ihren Abschied vom Film nimmt, ist Sabine Hieblers und Gerhard Ertls gefällige Freundschaftskomödie ähnlich zwiespältig wie die schlichte Story. Die gleicht dramaturgisch der filmfüllenden Fahrt der Protagonistinnen: eine simple, altbekannte Strecke, die sich durch willkürliche Zwischenstopps unnötig in die Länge zieht. Relevante Themen wie die – auch juristische – Bevormundung sterbewilliger Menschen oder die Privilegierung von Gesundheitsversorgung und Sterbehilfe enden im Rückspiegel. Was bleibt ist gelungenes Schauspiel in einem ambivalenten Alterswerk.
- OT: 80 Plus
- Director: Gerhard Ertl, Sabine Hiebler
- Screenplay: Gerhard Ertl, Sabine Hiebler
- Year: 2024
- Distribution | Production © Alpenrepublik GmbH