Dass Paprika Steens nach zwei Jahren doch noch in den hiesigen Kinos landet, liegt wohl nicht nur am einschlagenden Erfolg der elitären Eltern-Komödie in ihrem Herkunftsland, sondern der merkantilen Milieu-Einsicht einer Inszenierung, die sich an die gleiche Gesellschaftsschicht wendet, die sie abbildet. Selbiges erwartungsgemäß natürlich nicht authentisch, sondern mit einer taktisch tadellosen Mischung aus Überrepräsentation, Übertreibung und Übersehen. Die Regisseurin und ihr Drehbuchautor Jakob Weis kennen ihr Zielpublikum und wissen, was es nicht sehen will.
Das ist Selbstreflexion und noch mehr Selbstsezierung. So erspart die eindimensionale Story den Zuschauenden unbequeme Identifikation mit dem Klüngel privilegierter Privatschul-Eltern, in den sich Piv (Katrine Greis-Rosenthal) und Ulrik (Jacob Ulrik Lohmann) einfügen müssen, damit ihre Tochter auf die auserkorene Lehranstalt gehen an. Ein kollektiver Wochenend-Ausflug bietet die ideale Gelegenheit dazu … Die strategische Distanz zwischen dem Protagonisten-Paar und der Elterngemeinschaft ist dramaturgisch interessanter als dramatisch, da sie symptomatisch die hierarchischen Spannungen in der Mittelschicht reproduziert.
Man blickt die anderen auf Augenhöhe an, aber zugleich auf sie herab. In der harmlosen Handlung verdeutlichen das verstaubte Witze und spießbürgerlicher Voyeurismus. Haha, das Essen soll vegan sein und Piv hat Sülze gemacht. Und es gibt doch tatsächlich Frauen, die besser verdienen als ihre Ehegatten. Kritik an rassistischen Veranstaltungen wird als Übersensibilität deklariert (auch auf narrativer Ebene). Zwei Väter küssen sich – aber nur fast, es soll ja niemand vor Schreck aus dem Kinosessel kippen.
Darstellerisch und optisch entspricht Paprika Steens banale Bourgeoisie-Belustigung auf fast schon unheimliche Weise dem begüterten Mikrokosmos der Protagonisten: gediegen, glattgebügelt, bemüht zeitgemäß und peinlich altbacken, so kommerziell-kreativ und pseudo-individuell wie ein Kaufhaus-Kunstdruck. Die Charaktere sind abgegriffene Stereotypen. Tatsächliche Konflikte existieren in der seichten Handlung nicht, da sie wie die sich aufdrängende Debatte um Privatschulen ausgeblendet werden. Bereits der Titel signalisiert die soziologischen Scheuklappen, die einmal mehr das weiße Bürgertum zum relevanten Teil der Gesamtgesellschaft erheben.
- OT: Fædre og Mødre
- Director: Paprika Steen
- Screenplay: Jakob Weis
- Year: 2022
- Distribution | Production © Mindestzahl pictures