Dass die Verfilmung eines Biker-Bildbands wie Jeff Nichols‘ Leinwand-Adaption Danny Lyons gleichnamiger Chronik seiner Jahre als Mitglied des Chicagoer Motorcycle Clubs The Outlaws nicht gerade tiefgründige Charaktere liefert, mag kaum überraschen. Umso enttäuschender ist der Mangel an Stimmung und Schauwerten einer sentimentalen Story mit so viel Tempo und Temperament wie eine pathetische Postkarten-Revue. Deren Vision mechanisch maximierter Männlichkeit und brutaler Blutsbrüderschaft ist ein synthetisches Surrogat von Authentizität und Außenseitertum. Das ist selbst in fiktiver Form nur noch das Imitat eines imaginären Ideals, das der von Tom Hardy mit passend brandoeskem Bravado verkörperte Anführer Johnny von The Wild One buchstäblich abgeguckt hat.
Dass der glorifizierte Traditionalismus im doppelten Sinn eine Performance darstellt und die Colors genannte Kluft der von Johnny gegründeten The Vandals die dazugehörigen Kostüme, übergeht die ikonographische Inszenierung. Deren schematische Story um Aufstieg und Niedergang der gewaltbereiten Gang, die der prototypische Protagonist ähnlich aus Versatzstücken austauschbarer Typen zusammenstellt wie er sein Motorrad mit Altteilen aufmotzt, ist sentimentale Staffage eines zweifelhaften Kults revisionistischer Regression und toxischer Männlichkeit. Die reaktionären Rollenbilder und Macho-Mentalität kritisiert bezeichnenderweise nichtmal Kathy (Jodie Comer), frustrierte Gattin Johnnys anarchischen Adepten Benny (Austin Butler recycelt seinen Elvis-Look), die als einzige präsente Frauenfigur so überflüssig wie ihre Hintergrunderzählung des Offensichtlichen.
Mit seinen heroisierenden Hochglanz-Aufnahmen, Oldschool-Outfits und mystifizierten Maschinen stilisiert Jeff Nichols kinematisches Coffee Table Book antiquierte Archetypen und martialische Mythen zu rebellischer Romantik. Dass hinter der markigen Maskerade von Freiheit und Freundschaft eine bedenkliche Mischung chauvinistischer Frustration und bigotter Aggression gärt, verrät den konservativen Kurs der Inszenierung. Der fehlt der dramatische Drive, um die dialogisch zitierten Leidenschaft glaubhaft zu vermitteln. Was das Leben aus Schlägereien, Saufgelagen und Spritztouren so grandios macht, dass die Figuren für dessen Symbole sterben würden, bleibt rätselhaft. So zelebrieren glatte Bilder und generische Konflikte eine artifizielle Ästhetik, die mehr filmischen Vorbildern verpflichtet ist als irgendeiner Realität.
- OT: The Bikeriders
- Director: Jeff Nichols
- Screenplay: Jeff Nichols
- Year: 2023
- Distribution | Production © Universal