Trotz all der eklatanten stilistischen, motivischen und thematischen Unterschiede hat Joshua Oppenheimers symbolschweres Spielfilm-Debüt mit seinem preisgekrönten Dokumentarfilm The Act of Killing von 2012 und dessen zwei Jahre später erschienen Pendant The Look of Silence eines gemeinsam. Alle drei Werke sind ähnlich schwer auszuhalten. Allerdings ist das Unbehagen, das sein postapokalyptische Leinwand-Musical auslöst, wesentlich profanerer Art als die ethische Erschütterung angesichts der Enthüllungen der beiden Dokumentarfilme über die Indonesischen Massaker. Deren deprimierendes Fazit definiert das dystopische Szenario.
Dessen namenlose Charaktere sind ebenfalls Überlebende eines mit massenhaften Todesfällen verbundenen Ereignisses, an dem sie höchstwahrscheinlich mitschuldig waren. Die Mutter (Tilda Swinton), der Vater (Michael Shannon) und ihr erwachsener Sohn (George MacKay) führen mit einem Butler (Tim McInnerny), einer Ärztin (Lennie James) sowie einer alten Freundin (Bronagh Gallagher) ein komfortables Leben in einem unterirdischen Luxus-Bunker. Während die Mutter die von der Erde mitgenommene Sammlung klassischer Kunst hegt, schreibt der Vater seine Memoiren mit Hilfe des Sohnes.
Zweiter war offenbar nie außerhalb des Bunkers, dessen Alltag – eine Farce der Normalität komplett mit Feiertagen – die Ankunft einer Fremden in Gestalt des Mädchens (Moses Ingram) aufrührt. Kurzfristig scheint es, die Handlung käme jetzt endlich in Gang. Stattdessen haut Oppenheimer auf das Publikum weiter mit dem gleichen Holzhammer ein. Jede Allegorie, von den repräsentativen Rollen der Figuren bis zu ihrer Verleugnung der eigenen Verantwortung, wird ausbuchstabiert und in Endlosschleife wiederholt. Die musikalische Qualität ist ebenfalls unterirdisch.
Selbst, wenn Joshua Oppenheimers Erkenntnis komplexer wäre als das lapidare Lamento: Die One-Percenter werden kommenden Generationen vorgaukeln, sie seien die Bewahrer der Relikte der von ihnen zerstörten Kultur. Das Szenenbild ist opulent, doch ebenso einfallslos wie die Songs. Deren Texte erklären, was die Handlung offensichtlich macht. Die Innovation Oppenheimers Dokumentararbeiten steht in auffälligem Kontrast zur Konventionalität seines schauspielerisch mittelmäßigen Spielfilms. Der fordert das Publikum beständig auf, doch mal nachzudenken, ohne ihm dazu Gelegenheit zu geben.
- OT: The End
- Director: Joshua Oppenheimer
- Screenplay: Joshua Oppenheimer, Rasmus Heisterberg
- Year: 2025
- Distribution | Production © MUB | The Match Factory