Die positive Präsentation alternativer Familienformationen, ein Faible für skurrile Außenseiter und bissiger Humor, die vor gut zwanzig Jahren Chris Sanders rebellisches Regie-Debüt Lilo & Stitch angenehm anders als die übliche Disney-Ware machte, prägt auch seine schwarzhumoriges Sci-Fi-Abenteuer. Dessen märchenhafte Handlung übernimmt vorrangig die Ausgangsidee und Kernmotive von Peter Browns gleichnamiger Buchreihe. Deren erste beiden Teile um den auf dem verwilderten Schauplatz buchstäblich gestrandeten Roboter ROZZUM 7134 AKA „Roz“ liefern auch die bilaterale Struktur der warmherzigen Freundschaftsfabel.
Der erste der zwei Akte dreht sich ganz um die konfliktreiche Kollision von Natur und Technik, die nach Roz ungeplanter Ankunft an der malerischen Küstenlandschaft aufeinanderprallen. Was die rasante Slapstick der brachialen Begegnungen zwischen der techno-logisch tickenden Titelfigur (Stimme: Lupita Nyong’o) und ihren animalischen Antagonisten amüsant macht, ist die ironische Inversion des traurig typischen Szenarios einer durch Menschen und Technik bedrohten Umwelt, vor allem jedoch sind es die gerade für einen Kinderfilm erfrischend makaberen Gags.
In der Wildnis frisst, hast und verachtet jeder jeden. Liebenswürdigkeit ist, wie Fuchs-Freund Fink (Pedro Pascal) Roz erklärt, keine gute Überlebensstrategie. Natürlich zielt die Haupthandlung um Roz Adoption des verwaisten Wildgans-Kükens Brightbill (Kit Connor) darauf ab, das Gegenteil zu beweisen. Dass die Message von Zusammenhalt und dem Überwinden von Gegensätzen zeitlos statt altbacken wirkt, verdankt die zwischen Action und ruhigen Momenten balancierte Inszenierung ihren emotionalen und ideellen Nuancen. Wie dem feinen Unterschied zwischen Individualität und Individualismus.
Auch wenn die technisch makellosen Animationen ihre stilistischen Inspirationen von Studio Ghibli und Disneys Zeichentrick-Klassikern nicht so wirkungsvoll vereinen wie die sensible Story ihr gegensätzliches Protagonisten-Paar, überdauert der Charme der thematisch und psychologisch gleichsam sorgsam gestalteten Familiengeschichte. Deren gewalttätige Gags erden die phantastischen Ereignisse mit einem pragmatischen Realismus, der die Zuneigung zwischen der alternativen Kernfamilie umso bedeutsamer macht. Der famose Voice-Cast und die zeitgemäße Message lassen leicht verzeihen, dass der Schlussakt mehr Message ist als Movie.
- OT: The Wild Robot
- Director: Chris Sanders
- Screenplay: Chris Sanders, Peter Brown
- Year: 2024
- Distribution | Production © Universal