Wenn ein Film in Cannes Premiere feiert, dort überschwänglich gelobt wird, ein 97 Prozent Fresh-Rating bei Rotten Tomatoes erzielt und bei Imdb einen Schnitt von 8,3 Sternen macht, ist es nicht völlig abwegig, mit ein paar Erwartungen ins Kino zu gehen.
Spoiler: Die werden alle enttäuscht. Wie heftig hängt vom Umfang der Erwartungen ab. Wer ein passables Buddy-Movie mit Retro-Flair und gut aufgelegten Darstellern sucht, kommt bei Shane Blacks Hommage an das Exploitationkino der 70er auf seine Kosten. Wer sich mehr erhofft, etwa ein Buddy-Movie mit vielen zündenden Gags, einer spannenden Story und vielleicht sogar einem Tick kritischem Revisionismus, wird herb enttäuscht. Der stylishe Vorspann verspricht eine clevere Parodie, stattdessen kommen ein paar oberflächliche Pointen, die niveautechnisch zwischen Die nackte Kanone und Starsky & Hutch changieren. Holland March (Ryan Gosling) und Jackson Healey (Russell Crowe) schlagen sich im L. A. des Jahres 1977 als Privatdetektive durch. Im Fall von Crowes geschiedenem Versager ist das wörtlich zu verstehen. Er weist Halbpädophilen und Stalker berufsmäßig mit einem Schlagring in die Schranken. So trifft er Goslings desorganisierten Schnüffler ohne Geruchssinn, dafür mit einem Alkoholproblem und einer cleveren 13-jährigen Tochter (Angourice Rice).
Nach dem Kennenlernen, das für March mit einem gebrochenen Arm endet, werden die Zwei Partner. Ihr Fall dreht sich um die verschwundene Umweltaktivistin Amelia (Margaret Qualley), die mit dem toten Porno-Star Mitsy Mountains (Murielle Telio) ein Filmchen gedreht hat. Der Streifen beschäftigt eine Reihe Auftragskiller und Amelias Mutter und Oberster Staatsrichterin Judith Kutner (Kim Basinger), aber das ist alles im Grunde nebensächlich. Es geht darum Sprüche zu klopfen und den Pornochic der Ära zu zelebrieren. Frauen sind alberne Sexobjekte oder eiskalte Schurkinnen. Damit ist die filmische Abbildung weiblicher Figuren noch doppelt so differenziert wie die von Schwarzen. Letzte sind, sofern sie eine relevante Rolle innehaben, fiese Schurken. Ausgenommen von der chauvinistischen Perspektive ist einzig Marchs Tochter Holly. Sie ist eine frühreife Kopie von Inspektor Gadgets Nichte Penny und muss als Dea ex Machina wahlweise als Geisel herhalten oder ihrem Vater und seinem Kumpel aus der Patsche helfen, weil der Plot von The Nice Guys sich in eine Sackgasse manövriert hat.
Black präsentiert einen wirren Streifen mit einigen Längen, in dem mehr Gags danebengehen als gelingen und die Charaktere Stereotypen ohne ausgleichende Ansätze von Parodie sind. Ungefähr das wäre von einem Film dieses Kalibers zu erwarten gewesen, wenn eben nicht der Cannes-Hype wäre. Verdient haben ihn höchstens die Darsteller, die in The Nice Guys ausnahmslos glänzen. Die Optik schreit zwar 70er, doch der unterschwellige Tenor ist ein Mix aus Reagan und Nixon, der in einem der besten Witze auftaucht. Trotz dieser wenig schmeichelhaften Referenz hätte Nixon der Film dank des geübt sublimierten Reaktionismus sicher gefallen. Das macht es letztlich schwer, die Darsteller-Chemie und das superbe Setdesign zu genießen und den kruden Plot und die holzschnittartigen Charaktere einfach wegzulachen.
- OT: The Nice Guys
- Regie: Shane Black
- Drehbuch: Joel Silver
- Produktionsland: USA
- Jahr: 2016
- Laufzeit: 116 min.
- Cast: Matt Bomer, Ryan Gosling, Russell Crowe, Kim Basinger, Margaret Qualley, Yaya DaCosta, Ty Simpkins, Keith David, Rachele Brooke Smith, Yvonne Zima, Beau Knapp, Jack Kilmer, Lexi Johnson, Rachel Faulkner, Kimberly Battista
- Kinostart: 02.06.2016
- Beitragsbild © Concorde