Langsam, schleppend. Die Worte auf der Leinwand sind bezeichnend für das filmische Konzert, das Michael Beyer und Sir Simon Rattle gemeinsam dirigieren. Erster leitet mit unsichtbarer Hand die Kamera an, deren dreidimensionale Perspektive die des Zuschauers vorgibt. Zweiter führt mit deutlich sichtbarem Taktstock das Orchester, das die musikalische Kulisse der Handlung erschafft. Schwelgerisch schön ist das akustische Setting. Mahlers 1. Symphonie und die symphonischen Tänze Rachmaninovs erklingen in pittoresker Anmut. In dichter Folge durchfließen die beiden Kompositionen den Saal. Der erste Konzertfilm in 3D, ein episches Filmprojekt, das unentwegt mit den Worten „bahnbrechend“ und „einmalig“ aufgebauscht wird, markiert den Endpunkt der Reise.
Der berühmte Dirigent und sein bekanntes Orchester in einem der bedeutendsten Konzerthäuser der Welt bei einem bewegenden Auftritt, den hochmoderne Filmtechnik festhält: ein unfehlbares Kunstvorhaben? Im Gegenteil, eine schale und gefühlsarme Prestigenummer. Es ginge darum, den Zuschauern, die auch Zuhörer sind, durch 3D Augen und Ohren noch ein bisschen weiter zu öffnen, erläutert Beyer. Mehr technische Finesse macht ein Konzert allerdings nicht unbedingt zu einem größeren sinnlichen Genuss. Letzten brächte eher die unmittelbare Gegenwart im Konzertsaal. Die unsichtbare Grenze zwischen den Welten im Konzerthaus und im Kinosaal erscheint durch die aufgeblasene Präsentation nur noch deutlicher.
Gefiltert durch das filmische Medium wirkt die Musik eines Teils ihres Wesens beraubt. Die Handlung selbst ist ein Nichts aus Aufnahmen des Orchesters – die Hörner, Streicher und jetzt, nochmal ganz nah, die Hörner! – während Mahlers Smphonie und Straßenszenen und Stadtbildern während der symphonischen Tänze Rachmaninovs. Keinerlei Bereicherung oder Erkenntnis fügen die Bilder den klassischen Kompositionen hinzu, welche die Dreidimensionalität weder schöner noch schlechter macht. Was als Neuerung des Konzertfilms konzipiert scheint, zeigt sich unter dem schillernden Renommee als kühles Prestigeprojekt, dem der Beigeschmack des Kalkulatorischen eine bittere Note gibt.
- OT: Berliner Philharmoniker in Singapur: A Musical Journey in 3D
- Regie: Michael Beyer
- Drehbuch: Michael Beyer
- Produktionsland: Deutschland
- Jahr: 2011
- Laufzeit: 105 min.
- Cast: Sir Simon Rattle, Berliner Philharmoniker
- Kinostart: 20.10.2011
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