Science-Fiction und Sozialdrama verflechten sich in Sang Beom Koos unebenem Kino-Konstrukt über Gewalt an Schulen und deren brutaler Konsequenzen. Interessanter als die Story selbst ist der ungewöhnliche Ansatz des koreanischen Regisseurs. Der verpackt sein soziologisches Konstrukt in eine Science-Fiction-Fabel, die sich wie eine grausame Version von Groundhog Day entspinnt. Tag für Tag erlebt der angepasste Se-jong (Lee Hyo-je) aufs Neue den Selbstmord seines besten Freundes Jin-soo (Jung Ji-hoon) und sucht nach Antworten auf die quälende Frage: Was hätte er tun können, um die Tat zu verhindern?
Selbstverständlich gilt diese Frage auch dem Publikum, dessen erzwungene Passivität im Kinosaal die des jugendlichen Protagonisten spiegelt. Aus Angst, selbst zum Opfer des sadistischen Hyosang und seiner Komplizen zu werden, tut Se-Jong nichts. Mit seiner Tatenlosigkeit steht er auch innerhalb der Handlung nicht allein da. Selbst die Lehrerkräfte und der Schulleiter wagen nicht, den brutalen Bully und Sohn eines einflussreichen Politikers in seine Schranken zu weisen. Die weitreichende soziale Problematik, die sich in diesem Muster generationsübergreifenden Machtmissbrauchs andeutet, wird allerdings nie ergründet.
Das gleiche gilt für die Motive von Klassendiskriminierung und Rassismus. Jin-so ist philippinischer Abstammung und kommt aus einer im Vergleich zu seinen wohlhabenden Klassenkameraden unterprivilegierten Familie. Doch ob seine systematische Schikane stellvertretend für ein gesellschaftliches Problem steht, bleibt unklar. Tatsächlich negiert Sang Beom Koos Drehbuch strukturelle Diskriminierung bereits durch die unglaubwürdige Behauptung, dass Jin-soo trotz seiner unterprivilegierten Herkunft auf die gleiche Elite-Schule geht, wie die Kids reicher Politiker. Zudem reproduziert Jin-soos Familienleben die üblichen Negativ-Klischees über untere Klassen, ohne deren ökonomische Bedrängnis glaubhaft abzubilden.
In kalten, harschen Szenen wiederholt Sang Beom Koo unerbittlich das Schlüsselereignis seines Sci-Fi-Suizid-Dramas. Die unwillkürliche Abstumpfung kann auch die moralistische Konnotation nicht verhindern. Vielmehr suggeriert der dramaturgische Fokus, dass die Reue von Angehörigen relevanter sei als der Tod des Opfers. Letztes wird in der endlosen Ellipse zunehmend zum abstrakten Faktor reduziert. Gleichsam bleiben Protagonist und Antagonist trotz der soliden Darstellungen des jungen Ensembles zu nah an Stereotypen. Das fatalistische Fazit ist letztlich auch der Grund, dass der originelle Genre-Mix letztlich ernüchternd: „Nichts ändert sich jemals.“
- OT: Ru Peu
- Director: Sang Beom Koo
- Screenplay: Sang Beom Koo
- Year: 2024
- Distribution | Production © INOL Media Corp.