Der Klassiker des Rape & Revenge spürte seinerzeit selbst die Rache zahlloser Kritiker, denen die realistische Vergewaltigungsszene und kruder, doch unübersehbarer feministischen Subtext die sadistische Freude an dem/r Rape-Part(y) verdarben. Steven R. Monroes Neuaufguss kann das kaum passieren. Das Remake eliminiert jeden Ansatz von Subversivität zugunsten von Vigilantismus-Phantasien. Hardcore-Gewalt ist unverändert Hauptanziehungspunkt der Story, die mit dem schäbigen Grindhouse-Look den rauen Naturalismus einbüßt. Zwar bleibt realistische Hässlichkeit, doch das ist die banale Unappetitlichkeit eines gänzlich kunstlosen Werks.
Dessen minimalistische Handlung ist um kleine, jedoch bedeutsame Aspekte verändert. Schriftstellerin Jennifer (Sarah Butler), die in ländlicher Ruhe ihr nächstes Buch vollenden will, kifft, trinkt und räkelt sich in der Sonne. Die voyeuristische Inszenierung setzt alles daran, eine Mitschuld der Protagonistin durch Leichtfertigkeit und Provokation zu implizieren, während ihr im Gegenzug jedes Gewissen abgesprochen wird. Monore platziert sie somit moralische noch unter den Mittäter Matthew (Chad Lindberg). Sein Alkoholeinfluss wird unterschwellig als mildernde Umstände gewertet, während Jennifers Alkoholkonsum sie in negatives Licht rücken.
Die männlichen Figuren interessieren Drehbuchschreiber Adam Rockoff mehr als für die Antiheldin, die nach der Tat schlicht fokussierter und stärker ist. Vergewaltigung als Weg zur Selbstoptimierung. Ausleben ihrer Aggressionen bringt ihr statt Sicherheit sadistische Freude. Die Prämisse einer Frau, die in einer Extremsituation zu drastischen Verteidigungsmittel greift, verkehrt das Remake zum Loblied auf Selbstjustiz und Folter, gespickt mit Bibelzitaten. Die übermächtige Killerin ist in Tradition unbesiegbarer Horrorfilm-Serienmörder weniger Mensch als Monster. Kurioserweise erscheint Zarchis ursprünglich vorgesehener Titel Day of the Woman dadurch für Monroes reißerische Zweitverwertung noch treffender.
Day of … kündigt meist Schreckliches oder Bedrohliches an: Day of the Triffids, Day of the Dead, Day of the Animals. Mit jeder Art von Schmerz zelebriert der dumpfe Plot die atavistische Morallehre. Gleiches wird mit Gleichem vergolten. Wer aus der misogynen Perspektive, welche die Inszenierung beiläufig übernimmt, zu freizügig und selbstbewusst ist, wird bestraft. Wer das Gesetz übertritt, wird bestraft. Das sündige Körperteil wird abgetrennt. Wer vergewaltigt, wird selbst vergewaltigt, wer zu töten versucht, wird getötet. Mehr als diese altväterliche Doktrin hat das in seiner Stupidität gänzlich banale Remake nicht zu sagen, weder künstlerisch noch intellektuell.
- OT: I Spit on Your Grave
- Regie: Steven R. Monroe
- Drehbuch: Adam Rockoff
- Produktionsland: USA
- Jahr: 2010
- Cast: Sarah Butler, Chad Lindberg, Rodney Eastman, Jeff Branson, Daniel Franzese, Andrew Howard
- Laufzeit: 108 min.
- Beitragsbild © Anchor Bay Entertainment