Drei Jahrzehnte nach Dudley Moore schlüpft Russel Brand in die Rolle des Millionärssöhnchens Arthur. Den Spaß haben in dem gleichnamigen Remake vor allem die Darsteller.
Was tut ein unreifer Erwachsener, der über die materiellen Mittel verfügt, alle seine Launen auszuleben? Dies ist die zentrale Frage, die Arthur beantworten will. Mit dem Originalfilm von 1981 wurden dieser Komödie eine einigermaßen originelle Geschichte und nette Pointen in die Wiege gelegt. So wie dem Firmenerben Arthur Bach seine Millionen, sein infantiler Aktionstrieb und das Bedürfnis, diesen auch im fortgeschrittenen Erwachsenenalter auszuleben.
Arthurs Kindermädchen Hobson (Helen Mirren) versucht die Narreteien zu bremsen, im Auftrag von Arthurs Mutter Vivienne (Geraldine Jones). Jüngster von Viviennes Lebensplänen für Arthur ist dessen Hochzeit mit Susan (Jennifer Garner). Arthur indes trägt ein Batman-Kostüm, fährt ein Bat-Mobil und mietet die Grand Central Station für ein romantisches Date. Nicht mit Susan, sondern mit Naomi (Greta Gerwig), die sich unerlaubt als Stadtführerin verdingt.
Auf gleich zwei in Filmkomödien über den Wohlstand beliebte Sujets des Märchens baut die Handlung auf. Die Romanze des millionenschweren Erben mit der bürgerlichen Naomi greift das klassische Aschenputtel-Motiv auf, das sich mit einer modernisierten Fassung von “Hans im Glück” verknüpft. Ähnlich diesem tauscht der unbedarfte Held seinen Reichtum gegen Güter von geringerem Wert, derer er rasch ebenso überdrüssig wird wie seines Geldes. Gut und Gold lasten schwer auf den Schultern des Märchenprotagonisten und seines filmischen Pendants. Dabei drückt ihn keineswegs der materielle Überfluss an sich, sondern die damit verbundene Verantwortung. Die mütterlichen Tadel ob seines finanziellen Leichtsinns kann er nicht nachvollziehen: Was kostet die Welt, solange er sich darin wohlfühlt?
Entscheidender Unterschied zwischen dem Charakter der Grimm’schen Erzählung und Arthur ist, dass der Reichtum des Letzteren schier unerschöpflich scheint. Die essenzielle Pointe des Märchens läuft in der Neuverfilmung ins Leere und wird somit ihrer Wirkung beraubt. Eine frühe Szene illustriert programmatisch Arthurs Glück im Unglück, dank dem jedes Missgeschick ihm letztendlich zum Vorteil gereicht. Ein Unfall mit seinem Bat-Mobil wird gebremst durch die metallene Bullenstatue an der Wall Street, die für Gewinn auf dem Aktienmarkt steht. Die Finanzkrise ist für Arthur wortwörtlich ein Fremdwort. „Rezession?“, fragt er befremdet, als ihn ein Journalist darauf anspricht. Die Folgeszene ist symptomatisch für Winers Konzept von Großzügigkeit. Arthur wirft im praktischen Sinne mit seinen Millionen um sich. Das Geld liegt im Land der unbegrenzten Möglichkeiten immer noch auf der Straße. Da können noch so viele Wirtschaftskrisen kommen. Arthurs vermeintliche Freigiebigkeit bezeugt tatsächlich seine Verschwendungssucht und Selbstherrlichkeit: Die Armen müssen sich nach dem Geld bücken, das er mit beiden Händen ausgeben kann.
Die Millionen, das menschliche Engagement und der gute Name verhindern nicht, dass die Erwartungen enttäuscht werden – sowohl an den Hauptcharakter als auch an das um ihn konstruierte Vehikel. Dass Arthur so große Erwartungen weckt, liegt an dem Original, das fast genau 30 Jahre vor dem Remake in die Kinos kam. Dessen amoralischen Witz versucht die Neuverfilmung mit selbstreferenziellen Zitaten und Slapstick zu kontern, und darüber hängt die altbekannte Botschaft, dass Geld allein nicht glücklich macht. Der vorgebliche Sieg menschlicher Werte über den Materialismus erweist sich von Anfang bis Ende als aufgesetzt. Die Handlung will die Bedeutung von Liebe und Selbstlosigkeit betonen, während sie ununterbrochen den Spaß und die Macht zelebriert, die Reichtum verschafft. Im Widerspruch zum Hoch auf den Wohlstand steht die romantisierte Vorstellung von Besitzlosigkeit, die Arthur – nicht unähnlich Frank Capras Sozialkomödien – hochhält. Im Gegensatz zum Original besitzt die Geldgier im Remake ein weibliches Gesicht: das der kühlen Vivienne und das der nur an Arthurs Erbe interessierten Susan. Die unfähige Mutterfigur trägt indirekt die Schuld an den Eskapaden des Sohnes. Dessen Exzentrik ist das ins Maßlose übersteigerte Betteln um elterliche Aufmerksamkeit.
Unangenehm ist die der Handlung aufoktroyierte Spießigkeit, die Alkoholkonsum verdammt, Alkoholiker verhöhnt und Naomis Figur von der Ladendiebin zur illegalen Stadtführerin domestiziert.
In Zeiten des Wohlstands mögen die Verrücktheiten der Superreichen amüsant wirken; in Krisenzeiten erscheinen sie geschmacklos. Die minimale charakterliche Wandlung der Titelfigur ist im Grunde nur Anpassung an die verschärften Moralstandards der Gegenwart. Am Ende ist Arthur, wo und was er zu Beginn war: ein übergroßes Kind, das in einem gigantischen Spielzeug herumkutschiert.
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