“… und dann bin ich eingeschlafen“, beschließt Ben Wishaw in der Rolle des prägenden New Yorker Photografen seine filmfüllende Nacherzählung des titelgebenden Tags. Jener birgt keinerlei besonderer Ereignisse aus dem Leben des zu Lebzeiten vorwiegend für Mode- und Magazin-Aufnahmen bekannten Künstlers. Die Autorin und einflussreiche Socialite Linda Rosenkrantz lud ihn am 18. Dezember 1974 zu einer mehrstündigen Tonband-Session, gedacht als Basis eines Buchs bestehend aus den Tagesberichten ausgewählter Zeitgenossen. Zustande kam das ganze allerdings nie.
Womöglich, weil ihr erster Gast so ermüdend war, dass Rosenkrantz (eine kühle Rebecca Hall) keine Ambition mehr hatte weiterzumachen. Dass sie der Aufnahme keine besondere Bedeutung beimaß, legt auch der Umstand nahe, dass diese bald verloren ging. Nicht so jedoch ein Transkript der einseitigen Konversation, das Jahrzehnte später auftauchte. Leider möchte man fasst sagen, denn nur weil ein Dokument zwei mehr oder weniger prominente Persönlichkeiten darstellt, hat es noch lange keine kreative oder sozialpolitische Relevanz.
Das Gleiche gilt für Ira Sachs Adaption der stundenlangen Session, die sich selbst auf 76 Minuten kondensiert quälend lang anfühlt. Es gibt das unvermeidliche Name Dropping – Susan Sonntag, William Burroughs, Allen Ginsberg – einige süffisante Sprüche und ein paar beiläufige Beobachtungen über die sexuell freizügige Subkultur der New Yorker Künstler-Elite. Dass die den Regisseur und Drehbuchautor, der in seinem filmischen Schaffen mehrfach intime Porträts mit Zeitskizzen kombinierte, reizt, ist nachvollziehbar, macht das Resultat aber nicht interessanter.
Am bemerkenswertesten ist Ira Sachs präzises Amalgam aus Konversationstheater und Kammerspiel paradoxerweise nicht für das, was seine historischen Figuren darin sagen, sondern was nicht angesprochen wird. Die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche der abgebildeten Ära finden genauso wenig Erwähnung wie die privaten Konflikte der Charaktere. Deren stilvolle Verkörperung durch Hall und Wishaw verleiht dem Geschehen den sterilen Reiz einer Schauspielklasse. Das Resultat ist ein seelenloser Schaukasten eleganter Inneneinrichtung und modebewusster Kostüme, deren Publikum lange vor dem Hauptcharakter einschläft.
- OT: Peter Hujar’s Day
- Director: Ira Sachs
- Screenplay: Ira Sachs
- Year: 2024
- Distribution | Production © Jordan Drake Productions