„You‘re a cliche“, krächzt David Thewlis zu Benedict Cumberbatchs bedrücktem Protagonisten als vogelähnliche Verkörperung des titelgebenden Gefühls David Southerns unebener Adaption Max Porters vor zehn Jahren publizierten Romans. Zu gleichen Teilen Fantasy, Fabel und Familiendrama, ist der unmissverständlich in der Definition des Gefühls im Zentrum des Geschehens. Es ist Trauer, die den gleich seinen zwei kleinen Söhnen (Richard und Henry Boxhall) namenlosen Vater (Cumberbatch) nach dem Tod seiner Frau überwältigt.
Letztes geschieht buchstäblich in einer Attacke des bizarren Wesens, das sich nach dem schmerzlichen Verlust im aus den Fugen geratenen Leben der Restfamilie einnistet. Die anthropomorphe Version der Krähen, die der verwitwete Comic-Autor zeichnet, erscheint anfangs geradezu dämonisch; wie ein entfernter Verwandter des ebenfalls schwierige Emotionen darstellenden Babadook. Doch anders als der wandelt „Crow“, wie die Söhne ihn nennen, vom unheimlichen Eindringling zum zahmen Gefährten und schließlich sogar Beschützer vor noch finstereren Emotionen.
Diese friedliche Integration kontrastiert die allegorischen Abstraktion des Szenarios mit psychologischem Pragmatismus. Trauer verschwindet nicht einfach, aber sie wird weniger aggressiv, so wie die Verachtung und Vorwürfe der Kreatur sich legen. In einer positiven Distanzierung von der psychiatrischen Pathologisierung düsterer Gefühle betont der Regisseur und Drehbuchautor deren Legitimation. Sein Ansatz sei „therapeutisch“, sagt Crow und antizipiert damit die schrittweise Normalisierung von „Sad Dad“, dessen Albträume und Angstvisionen ästhetische Bilder für innere Verzweiflung finden.
Unnötige dialogische Erläuterungen der Prozesse, die gerade zu Beginn mit unerwarteter atmosphärischer Dichte visuell und akustisch transportiert werden, mindern nur die Wirkung der plastischen Metapher (die Crow prompt als solche benennt). Wenn die Horror-Elemente abebben, bröckelt die dramatische Wirkung des brüchigen Handlungsgerüsts. Der an Grauen grenzende Kummer, der im ersten der vier Kapitel So exekutiv illustriert wird – auch durch die Comic-Zeichnungen des Protagonisten, wird allzu schnell überwunden. Crow behält recht – auch mit dem Klischee.
„Erschreckend, traurig, komisch und aberwitzig“, beschreibt Dylan Southern treffend vor der Sundance Premiere sein sinnbildhaftes Spielfilm-Debüt. Dessen starker Auftakt als psychologische Schauergeschichte, die seelischem Leid eine dämonische Form gibt, verebbt in ein ungleich schwächeres Moralmärchen. Verbale Verweise auf Tracy Emin und Vetteriano zeigen exemplarisch die prätentiösen Tendenzen der Inszenierung. Einige expressive Kamerabilder, Cumberbatchs zuverlässiges Schauspiel und originelles Creature-Design retten die psychologische Parabel. Die ist wie ihr Titelwesen einmal gezähmt mehr skurril als unheimlich.
- OT: The Thing With Feathers
- Director: Dylan Southern
- Screenplay: Dylan Southern, Max Porter
- Year: 2025
- Distribution | Production © Film4