Als Ang Lees Romantikkomödie über erstickende Tradition, chaotische Trauung und notwendige Täuschungsmanöver jeden Menge Preise abräumte – darunter einen Goldenen Berlinale-Bären – waren queere Hauptfiguren noch die absolute Ausnahme im Mainstream-Kino. Über 30 Jahre später führt Andrew Ahns Remake mit seinem diversen Ensemble nicht zuletzt vor, wie viel sich auf manchen Ebenen geändert hat – und wie wenig auf anderen. Nicht nur der Umfang des Ensembles, auch der Fokus des turbulenten Spins der filmischen Vorlage hat sich erweitert.
An Stelle eines pflichtbewussten Taiwanesischen Sohns plant nun Min (Han Gi-chan), Erbenkel eines koreanischen Mode-Konzerns, eine Scheinehe. Sein beziehungsscheuer Freund Chris (Bowen Yang) traut sich buchstäblich nicht. Anders seine beste Freundin Angela (Kelly Marie Tran), deren Partnerin Lee (Lily Gladstone) Min im Gegenzug eine weitere IVF-Behandlung zahlen soll. Angela, die mit Lees Baby-Bedürfnis und ihrer scheinheiligen Mutter (Joan Chen) hadert, ist die eigentliche Hauptfigur des Beziehungsgeflechts. Das ist wesentlich verworrener als in der Vorlage.
Verkompliziert wird Mins Plan durch die Anreise seiner Großmutter, die den Schwindel sofort durchschaut. Das titelgebende Bankett dient nurmehr der Zurschaustellung des sozialen Status. Bezeichnenderweise ist die soziale Ebene so restriktiv wie in den 90ern. Alle Figuren sind wohlständig und Geldsorgen begründet in anderen Art Traditionalismus, auf die der sprühende Plot nie eingeht. Die ältere Generation ist kaum überrascht über die sexuelle Orientierung der jungen. Jene plagen sich überwiegend mit den üblichen Eifersüchteleien und Zweifeln.
Einzig Angela steckt in einem zweifachen Konflikt mit einer übergriffigen Mutter und einer Partnerin, die Angelas Bedürfnisse als Egoismus abtut. Doch trotz der Irrungen und Wirrungen, zu denen ein trunkener straighter One-Night-Stand gehört, präsentiert die wortgewandte RomCom ein naives Wunschbild von Familie. Der Regisseur und Co-Drehbuchautor betrachtet die Welt seiner eigenwilligen Figuren in jedem Sinne durch die rosarote Brille. Das ist die Stärke, aber auch Wermutstropfen der ebenso charmanten wie gewitzten Ensemble-Comedy von selbstgewählter und biologischer Familie.
Wortgewandte Dialoge, eine ironische Umkehrung fiktiver Klischee-Reaktionen auf queere Erfahrungen und allen voran der fabelhafte Cast machen James Schamus Neuauflage so kurzweilig und amüsant wie das Original. Dessen unterschwellige Kritik an repressiven Traditionen gesellschaftlicher und familiärer Art fehlt Schamus’ verkomplizierter Story allerdings. Die allseitige Akzeptanz, institutionell, sozial und privat, in der das Figuren-Ensemble nur mit gewöhnlichen Gefühlsverwirrungen klarkommen muss, wirkt fast utopisch angesichts zeitpolitischer Ereignisse. Dieses naive Wunschbild gehört auch zum Genre. Enttäuschend ist es trotzdem.
- OT: The Wedding Banquet
- Director: Andrew Ahn
- Screenplay: James Schamus, Andrew Ahn
- Year: 2025
- Distribution | Production © Kindred Spirit