„Ich kenne einen besseren Weg.“ Wenn Filmfiguren diesen Satz sagen, verlaufen sie sich entweder, geraten an kanibalistische Hinterwäldler oder landen in einer Felsspalte. Letztes passiert Alan Ralston (James Franco) auf seiner Tour durch Utahs Wüste. „Den coolen Weg“ nennt er seinen Weg, der in einer festgefahrenen Misere endet. Dummerweise entkam er, packte sein Erlebnis in ein Buch, für das sich Danny Boyle begeisterte. Der Extremsportler, der in irgendeiner Felsspalte festhing ist jetzt Hauptprotagonist eines Action-Dramas, das noch weniger voran kommt als er. Augenscheinlich suchte auch der Regisseur und Co-Drehbuchautor eine neue Herausforderung und fand dabei mehr, als bewältigen konnte. Aber Alan ist doch am Ende wieder rausgekommen? Ja, und Boyles Verfilmung ist auch mal zu Ende, aber die endlosen quälenden Minuten bis dahin war es einfach nicht wert.
Der Unfall ist ein Klassiker der Kategorie „Shit happens“. Auf einer Mountainbike-Tour durch die Steinwüste rutscht er in einen schmalen Felsschacht. Ein Gesteinsbrocken zerquetscht seine rechte Hand und klemmt seinen Arm ein. Knapp über dem Schachtboden baumelt er jetzt. Den Fels zu bewegen scheint unmöglich, um Hilferufe sind in der Einöde sinnlos. Die brennende Frage lautet: Tod durch Verdursten oder Langweile? Zweites, denn Alan hat als einziges technisches Gerät seine Kamera dabei. So werden Vlogger geboren. Alan casted sich selbst als Star und Regisseur seiner eigenen Reality Show und träumt wohl schon von einem Poster mit der Zeile „featuring The Rock“. Bevor er sich selbst und den Felsbrocken im Kino bewundern kann, muss er aber das Material zu Danny Boyle kriegen und die Chancen, dass der auf dem Sonntagsspaziergang hier vorbeikommt, stehen eher schlecht.
Besitzt er genug Kraft, um nicht den Verstand zu verlieren und den „coolen Weg“ aus der Todesfalle zu finden? Das Dilemma mag in der Praxis hochdramatisch sein – auf der Leinwand ist es das nicht. Der Ausgang des Überlebenskampfs steht fest. Mit welchen Mitteln es dazu kommt, wurde hinlänglich von den Medien verbreitet. Der einzige fragwürdige Unterhaltungswert liegt in der Schadenfreude und voyeuristischem Sadismus, einem anderen in einer Scheißsituation stecken zu sehen. Eine Folge Jackass macht das mehr Spaß und ist letztlich anspruchsvoller, da sie ohne die Prätention dramatischer Tiefe und inszenatorischer Grandeur auskommt. Alans Halluzinationen und Rückblenden auf sein Leben nerven mit einfallsloser Trivialität und nach Gesprächsstoff zu suchen: „Was erzähl‘ ich bloß als nächstes?“ Am Besten nichts, dann ist die 90-minütige Ein-Mann-Show endlich überstanden.
- OT: 127 Hourse
- Regie: Danny Boyle
- Drehbuch: Simon Beaufoy, Danny Boyle
- Produktionsland: USA, UK
- Jahr: 2010
- Laufzeit: 94 min.
- Cast: James Franco, Amber Tamblyn, Clemence Posey, Lizzy Caplan, Kate Burton, Treat Willimas
- Kinostart: 17.02.2011
- Beitragsbild © Fox