„Häuser machen nun mal seltsame Geräusche“, beruhigt Ben seine Freundin Kelly (Ashley Greene). Doch die Investmentimmobilie im schicken Neubauprojekt Palmdale, die das junge Paar bezogen hat, tut mehr. Zuerst sind es banale Kleinigkeiten wie ein eigenartiger Rußfleck. Ben (Sebastian Stan) entfernt den Makel in ihrer perfekten neuen Existenz, als könne er damit die Vergangenheit wegwischen. In gleicher Manier ignoriert er die Nachrichten seines alten Kommilitonen Patrick (Tom Felton), mit dem er anlockte, was ihn nun verfolgt.
Die titelgebende Erscheinung Todd Lincolns skizzenhaften Spielfilmdebüts ist tatsächlich das Gegenteil einer konkreten Präsenz. Was Ben, Patrick, ihr Kumpel Greg (Luke Pasqualino) und Bens Freundin Lydia (Julianna Guill) bei einem paranormalen Experiment geweckt haben, manifestiert sich einzig durch ihre Furcht: „Umso mehr wir daran glauben, desto stärker scheint es zu werden“. Die Séance des pseudo-dokumentarischen Prologs optimiert einen Anlauf aus den 70ern, bei dem Paraforscher einen Geist durch vereinte Gedankenkraft anriefen. Einer der konfuseren Einfälle Lincolns selbstverfasster Story, die trotz dürftiger Umsetzung mit einigen originellen Twists aufwartet.
Unerklärlich offen stehenden Haustüren verweisen auf ein anderes offenes Tor: zu einer fremden Dimension. Die Bedrohung kommt indes nicht aus ihr, die Bedrohung ist die andere Dimension. Ein hungriges Etwas, das wächst, umso mehr es verschlingt. Wie Audrey aus The Little Shop of Horrors, nur ohne Blumentopf, der es festsetzt. Der sich durch das Haus fressende Moder zerstört die vorstädtische Baustruktur noch während sie im Entstehen ist und steht dennoch in bizarrem Einklang mit jenem suburbanen Niemandsland. Öder als jedes Spukhaus, scheint Palmdale keinerlei Leben, nichtmal vegetativ oder animalisch, zu dulden. Dass Kelly Tiermedizinerin ist und Ben Techniker, betont beider Hilflosigkeit gegenüber dem Titelobjekt, das Elektronik und Haustier zuerst den Garaus macht.
Doch weder das Potenzial zu makaberem Witz noch das zu symbolischer Komplexität nutzt der schwache Plot, der einzig auf wohlfeile Jump Scares ausgerichtet scheint. Dabei ist die Bedrohung ein durchaus spannendes Paradox: materialisierte Desintegration. Ein Entkommen ist von vornherein unmöglich. Die surreale Leere, die von Anfang an die Vorstadt-Tristesse überschattet, gewinnt schließlich Überhand. Die Figuren verzehrt deren eigene Nichtigkeit. Zu spät erkennen sie, dass der verzweifelt bekämpfte Selbstverlust längst Realität ist. Jede metatextuelle Ironie wird gleich mit verschluckt. Dafür ist die Endszene die effektivste der holprigen der Straight-to-DVD-Ware.
- OT: The Apparition
- Regie: Todd Lincoln
- Drehbuch: Todd Lincoln
- Produktionsland: USA
- Jahr: 2012
- Laufzeit: 84 min.
- Cast: Ashley Greene, Tom Felton, Sebastian Stan, Julianna Guill, Luke Pasqualino, Rick Gomez, Suzanne Ford, Anna Clark, Meena Serendib, Marti Matulis
- Kinostart: 13.12.2012
- Beitragsbild © StudioCanal