Noch gequälter als die destruktive Beziehung des Protagonisten-Paares, das in Christoph Hochhäuslers konfusem Krimi-Konstrukt das Fortbestehen seiner Liebe inszeniert, ist die forcierte Verbindung von Fassbinder-Versatzstücken mit der manierierten Methodik der Berliner Schule. Deren Statik, Stilisierung und Schematik ersticken die auf sexuelle Spannung und Suspense ausgelegte Handlung. Darin spielen trans Frau Leni (Thea Ehre) und Ermittler Robert (Timocin Ziegler) ein Paar, was sie vor Lenis Transition offenbar waren, um der Polizei Zugang zu Lenis altem Bekannten Victor (Michael Sideris) zu verschaffen. Dass der Drogengroßhändler zu Roberts moralischem Mentor wird, ist eine der wenigen originelleren Ideen des zwischen Pathos und Phlegma pendelnden Plots.
Dessen blau-graue Nachtszenen favorisierende Inszenierung vermittelt niemals glaubhaft die Motive der eindimensionalen Figuren, die regelmäßig entgegen ihrer in gestelzten Dialogen erklärten Interessen handeln. Lenis romantische Gefühle für den mit schmierigen Haarsträhnen und übernächtigtem Aufzug auch äußerlich auf Fassbinder-Verschnitt gestylten Robert betrachtet Florian Plumeyers verworrenes Drehbuch so oberflächlich wie die aggressive Transphobie ihres toxischen Pseudo-Partners, der in ihr noch seinen Ex sieht. Doch statt Konflikte und Charaktere zu entwickeln, versackt die schleppende Story in sadistischen Sticheleien, spannungsarmer Scharaden und schmalzigen Schlagern. Die wiederholten Kamera-Schwenke wirken wie das Blättern durch ein Fotoalbum mit dem immergleichen Bild, das den Darstellenden keine Entfaltung erlaubt.
Anfangs- und Schlusseinstellungen, in denen die (De)Konstruktion diegetischer Kulissen und Requisiten die unscharfe Grenze von filmischer und innerfilmischer Fiktion bemüht, bleiben leere Gesten der Komplexität und Kunstsinnigkeit. Davon findet sich wenig in Christoph Hochhäuslers verworrenem Kriminaltheater, das Manipulation, Masochismus und Männlichkeitskonzepte zelebriert statt seziert. Verweise auf Neo-noir und Neuen Deutschen Film erscheinen als prätentiöse Belege der gescheiterten Ambitionen einer psychologisch, visuell und dramaturgisch in Repetition und Stagnation gefangenen Geschichte.
- OT: Bis ans Ende der Nacht
- Director: Christoph Hochhäusler
- Screenplay: Florian Plumeyer
- Country: Germany
- Year: 2023
- Running Time: 120 min.
- Cast: Timocin Ziegler, Thea Ehre, Michael Sideris, Rosa Enskat, Ioana Iacob, Aenne Schwarz, Sahin Eryilmaz, Gottfried Breitfuß, Ronald Kukulies, Daniel Drewes, Noah Forouzan, Gabriele Giersiepen, Andreas Grusinski, Rolf Heutmann, Jonny Hoff, Martin Horn
- Release date: 22.06.2023
- Image © Grandfilm | Match Factory