Ist es für den Sprössling der legendären Leinwand-Dynastie, die John, Anjelica, Tony und Danny hervorgebracht hat, nur Unbedarftheit, in seinem inszenatorischen Debüt einen gleichnamigen Kurzfilms Stanley Kubricks ohne Credit zu adaptieren? Oder ist es ein Symptom der Selbstüberschätzung seitens eines Regisseurs und Drehbuchautors, der aufdringliche Anspielungen an Raging Bull und The Harder They Fall für stilistische Subtilität hält? Zweite sucht man vergebens in Jack Hustons Boxer-Drama, das besser als Musikvideo funktionieren würde denn als Festivalfilm.
Dessen Story begleitet den abgehalfterten Boxer Mikey (Michael Pitt), aufgrund seiner Wurzeln „Irish“ genannt, durch den Tag seines ersten großen Kampfs nach einem tiefen Fall. Jener kostete den eins als hoffnungsvolles Talent geltenden Protagonisten seine Ehe, den Kontakt zu seiner Tochter und seine Freiheit. Um die flache Spannungskurve zu steigern, könnte der Kampf nicht nur seine Karriere beenden. Doch für Mikey gibt es kein anderes Leben als dieses, in dem er reinen Tisch machen will.
Er holt sich von seinem Manager (Steve Buscemi) sein Honorar und Ratschläge, wärmt sich im Studio seines alten Trainers (Ron Perlman) ein paar Runden auf und lehrt einen Boxring-Bully Respekt, beichtet einem als Priester geweihten Jugendfreund (John Magaro) seine Gedanken und investiert sein letztes Geld in eine riskante Wette zugunsten seiner Ex-Frau (Nicolette Robinson). Sie alle sind Wiedergänger aus unzähligen Box-Filmen, aus deren Essenz die zeremonielle Handlung weder visuell noch narrativ etwas Neues kondensiert.
Gäbe es am Lido einen Preis dafür, möglichst viele optische und dramatische Boxfilm-Klischees zu bündeln, bekäme ihn Jack Hustons Debüt-Drama. Der Reiz der angenehm stillen Story liegt in den routinierten Darstellungen, dem Oldie-Soundtrack und den stimmigen, wenn auch derivativen Kamerabildern. Jene evozieren mit ihrem Wechsel zwischen schwarz-weißer Gegenwart und entsättigten Rückblenden ein die diesjährige Filmauswahl dominierendes Stilmittel. Ob neu oder alt, alles an diesem in seiner melancholischen Männlichkeitssuche halb amüsanten, halb lächerlichen Trauerspiel ist kopiert.
- OT: Day of the Fight
- Director: Jack Huston
- Screenplay: Jack Huston
- Country: USA
- Year: 2023
- Running Time: 105 min.
- Cast: Michael Pitt, Ron Perlman, Joe Pesci, John Magaro, Anatol Yusef, Nicolette Robinson, Thomas E Johnson, Kaili Vernoff, Jordyn Rax, Tim Gallin, Leo Solomon, Phillip Johnson Richardson, Morgan Craft, Billy Griffith, Isa Wnek, Charles Massey
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