Die feine Balance von Tragik und absurder Komik, die Jim Jarmuschs beste Werke auszeichnet, finden sich in seiner jüngsten Regiearbeit lediglich in deren Präsenz im Wettbewerb der Mostra. Dort repräsentiert das filmische Familienalbum, das mit einer Handvoll der Stammdarstellenden des Regisseurs quasi dessen cineastische Wahlverwandtschaft versammelt, jene Art seichter Berieselungsbeiträge, die ihre larmoyante Leere hinter Arthouse-Prestige und Independent-Air verbergen. In seiner eingängigen Schlichtheit evoziert der Titel der lose aneinandergereihten Bourgeoise-Kurzgeschichten sowohl die simple Struktur der Handlung, als auch deren sentimentale Stilisierung der heteronormativen Kernfamilie.
Eine solche steht jeweils im Zentrum der in sich geschlossenen Vignetten. Deren halbgare Narrative wirken wie im Schnittprozess verworfenen Überreste besserer Filme. In der ersten Story, angesiedelt im ländlichen New Jersey, statten Adam Drivers Jeff und Mayin Bialiks Emily ihrem kauzigen Vater (Tom Waits) einen Verlegenheitsbesuch ab. Danach treffen die Schwestern Lilith (Vicky Krieps) und Timothea (Cate Blanchett) in Dublin ihre reservierte Mutter (Charlotte Rampling). Im Schlusskapitel kehren die Zwillinge Skye (Indya Moore) und Billy (Luka Sabbat) nach Paris zurück, um familiären Erinnerungen nachzuhängen.
Der blasse Witz liegt weniger in Interaktion und Dialog als der Idee verwandtschaftlicher Bindungen zwischen den Darstellenden. Deren Figuren sind bewusst durchlässig gehaltene Gerüste vor der prominenten Persona der Schauspielenden. Ihre Mitwirkung motivierte Jarmusch augenscheinlich mehr als dramatische Inspiration. Spanner macht das keines der in unaufgeregte Bildern gefassten Teile eines Puzzles, das nichtmal Jarmusch einlud, nach den fehlenden Stücken zu suchen. Die Erkenntnisse beschränken sich auf angestaubte Klischees: Väter sind seltsame Eigenbrötler, Mütter unerbittlich kritisch gegenüber Töchtern, Geschwister gleichzeitig Komplizen und Konkurrenz.
Emotionales Feingefühl und eine Ahnung psychologischer Untiefen klingen gelegentlich durch die ruhig beobachteten Alltagsmomente. Doch die ermüdend gefällige Inszenierung verharrt im Unverfänglichen. Die verkrampfte Harmonie, um die sich die Charaktere bemühen, spiegelt sich in der angepassten Inszenierung und der Exklusivität des soziologischen Spektrums. Das mittelständische Milieu ist bezeichnend einheitlich. Familienbande sind monogam, heteronormativ, und frei von Traumata, Rissen und Narben. Mit Ausnahme der letzten Episode, die zur vernachlässigten Randnotiz wird, sind alle Figuren weiß. Entfremdung wird auf geographische Entfernung reduziert, echte Probleme existieren nicht.
Dass selbst Jim Jarmusch seinen lakonischen Witz und kantigen Stil gegen konventionelles Sitcom-Kino tauscht, macht seine warmherzige Humoreske fast schon traurig. Daran ändert auch eine Handvoll amüsanter Pointen wenig. Wechselnde Schauplätze suggerieren eine Vielfalt der Handlungsräume und Universalität familiär Dynamik, die beide gleichermaßen realitätsfern sind. Understatement maskiert ermüdende Belanglosigkeit, milde Ironie ein spießbürgerliches Selbstverständnis, das zwanghaft den eigenen Mikrokosmos zum Mittelpunkt erhebt. Dass der fabelhafte Cast dem tragikomischen Triptych trotz dessen dramaturgischer Redundanz einen flüchtigen Reiz verleiht, scheint Teil des kommerziellen Kalküls.
- OT: Father Mother Sister Brother
- Director: Jim Jarmusch
- Year: 2025