Dwayne Johnsons Besetzung in der Titelrolle Benny Safdies erster Solo-Regiearbeit schafft einer jener perfekten Parts, die sowohl einen Darstellenden als auch den betreffenden Film definieren. Dass der jüngere Teil der Safdie-Brüder den mit seinen Kontrahenten, der Partnerin und den eigenen Dämonen ringenden Ex-Wrestler Mark Kerr nicht eigens für Johnson – seinerseits in ehemaliger Wrestling-Profi mit dem Kampfnamen The Rock – geschaffen hat, wäre kaum glaubhaft – würde es ihn nicht bereits gegeben. Kerr war ein Pionier der Mixed Martial Arts, die zu den blutigsten professionellen Kampfsportarten zählen.
Seine spektakuläre Karriere förderte den kometenhaften Aufstieg die Disziplin vom Underground-Ereignis zum millionenschweren Massen-Event. Preisgelder und liegen heute in Millionenhöhe. Dagegen wirken die paar Tausend, die der alternde Hauptcharakter bei einem Sieg einstreicht, wie Peanuts. In den Jahrzehnten vor lukrativen Werbeverträgen mussten Profis regelmäßig in den Ring, um sich zu finanzieren. Solche harschen Realitäten vermitteln die naturalistischen Aufnahmen der Handkamera mit pragmatischer Beiläufigkeit. Er habe eine Familie, antwortet Colman auf die Frage, warum er nach langer Pause wieder antritt. Kerr hingegen treibt ein anderes Grundbedürfnis.
Er braucht den Jubel des Publikums und das den Adrenalin-Kick nach dem Sieg. Den Rausch beschreibt er gegenüber seiner Freundin Dawn (Emily Blunt) als „größten aller Highs“. Der weicht einem ebenso extremen Low, als der erfolgsverwöhnte Schwergewichtler einen Kampf verliert. In der massigen Statur offenbart sich ein fragiles Ego, das mit Niederlagen nicht umgehen kann. Kerry fast zwanghaftes Bedürfnis, immer der Stärkste zu sein, aber auch seine Empathie und psychologischen Nachwirkungen seiner gewaltvollen Routine zeigen sich bei einem Jahrmarkt-Besuch mit Dawn, der verschwiegen Traumata andeutet.
Kerrs Familienhintergrund und Jugendjahre bleiben eine markante Leerstelle in dem radikal auf den Moment fixierten Charakterbild. Dessen Risse und Aussparungen schaffen eine emotionale Unzugänglichkeit, mit der das Kinopublikum ebenso ringt wie sein privates Umfeld. Die schwierige Beziehung birgt zwischen Dauerstreit und theatralischen Gefühlsausbrüchen aufrichtige Zuneigung und gegenseitige Fürsorge zweier Menschen, deren impulsive Egozentrik dem entgegenzustehen scheint. Häusliches Drama und Kerrs ständiger Kampf gegen Schmerzmittel-Abhängigkeit zeigen grobkörnige 16mm Bilder mit fast dokumentarischem Realismus. Grimmiger Naturalismus und ironische Untertöne verdichten sich zu melancholischer Lebensnähe.
Ein Cast aus Profis und realen Figuren wie Kerrs Mentor Bas Rutten, pessimistische Grundstimmung, bissige Pointen und rohe Energie verankern die Charakteristika der Regie-Bruder auch in Ben Safdies eigenständigem Regiedebüt. Dessen grobkörnige 16mm-Aufnahmen knüpfen an die gleichnamige 202er HBO-Doku über Kerr ebenso an wie Safdies Dokumentarfilme. De biografische Begegnung zweier Figuren, die einander seltsam spiegeln, belegt Johnsons darstellerische Tiefe, die dramaturgische Brüche und die unebene Struktur überwindet. Das Ungeschliffene wirkt zur paradoxen Qualität eines Persönlichkeitsbilds gleich des Protagonisten: im ständigen Kampf mit sich selbst.
- OT: The Smashing Machine
- Director: Benny Safdie
- Year: 2025