Braucht es wirklich noch eine weitere selbsternannte Subversion klassischer Märchen-Narrative in einer Zeit, in der die selbstbewusste und selbstbestimmte Prinzessinnen längst zum Disney-Repertoire gehören und Girl Crush ein Instagram Hashtag ist für straighte Celebrities ist? Unbedingt, dachte sich Julia Jackman, kramte im Fundus für Faschingskostüme alles aus den Kisten mit der Aufschrift “Fantasy” und “Mittelalter” und fuhr ins nächst beste Spa-Hotel, um dessen Garten und Salons zum Schauplatz ihres Spielfilm-Debüts zu machen. So ähnlich jedenfalls denkt man sich die Genesis ihrer possierlichen Parodie.
Deren kindlich verspielte Persiflage wirkt so altbacken wie die Werke, die sie vorführen möchte mit ihrem Arsenal gelangweilter Prinzessinnen, tollpatschiger Thronfolger und cleverer Kammerzofen. Zur letzten Kategorie zählt die Titelfigur, die ihre Heldenrolle erweist im Namen trägt. Dieses Wortspiel ist beispielhaft für die betulich braven Witze der kindlichen Komödie, deren Versuch einer queer-feministischen Selbstbehauptungsstory die üblichen Schemata auf genauso übliche Weise unterwandert. In dem Fantasy-Paralleluniversum Darkly End ist die Königstochter Cherry (Maika Monroe) in einer Konventionsehe mit dem gleichgültigen Jerome (Amir El-Masry) gefangen.
Als dessen Freund Manfred (Nicholas Galitzine) Cherrys eheliche Treue in einer dreisten Wette auf die Probe stellt, ersinnt ihre Kammerzofe Hero (Emma Corrin), eine List. Als Mitglied eines Geheimbundes von Erzählerinnen findet sie Geschichten von romantischer Rebellion, Herzschmerz und Sehnsucht, die ihn einlullen sollen. In dieses Repertoire passt auch das mutlose Meta-Märchen, dessen Parodie so konformistisch ausfällt, dass sie selbst parodistisches Material ergibt. Felicity Jones Off-Erzählung serviert ironische Schicksalhaftigkeit, moderne Spracheinschübe brechen den fake-historischen Jargon und Susie Coulthards Kostüme referieren zeitgenössische Modeeinflüsse.
Die Geschichten in der Geschichte vermitteln ein Konzept von Emanzipation, das selbst vor Jahrzehnten befremdlich überholt gewirkt hätte. In der Gegenwart wirkt es zugleich kurios von aktuellen Problemen bezeichnend entfernt, dass dem Publikum vorgetragen wird, dass Frauen doch tatsächlich erlaubt sein sollte, lesen und schreiben zu können, und in der Ehe nicht nur dem Mann zu gehorchen. Die Gags erschöpfen sich in Slapstick und Übertreibung auf dem Niveau einer Nachmittags-Sitcom, zu der auch die Ausstattung passt. Angepasst und konsumierbar, ist diese vermeintliche Rebellion restaurierter Konservativismus.
Die erzählerische Freiheit, die Julia Jackman in ihrer infantilen Imitation sämtlicher Kinderfilm-Klischees von mutigen Mädchen hochlädt, fehlt bezeichnenderweise der konventionellen Handlung. Jene reiht eine narrative Konvention an die nächste, ohne deren Subtext und Hintergrund zu erkunden. Politische Schärfe fehlt ebenso wie sozialstrukturelle Sensibilität und humoristischer Biss. Queerness bleibt eine dramaturgische Behauptung, die verbal etabliert wird, aber nie überzeugend sichtbar gemacht. Settings und Kostüme sind auf harmlose Art drollig, das Schauspiel passabel bis lass. Der Titel immerhin passt. So lange fühlen sich die 90 Minuten Laufzeit an.
- OT: 100 Nights of Hero
- Director: Julia Jackman
- Year: 2025