Die punktuell täuschend authentisch anmutende Stilistik eines Dokumentarfilms, die Giulio Bertelli seinem fiktionalisierten Langfilm-Debüt verleiht, ist paradoxerweise der interessanteste Aspekt einer unterkühlten filmischen Dissertation über Wettkampf, Körper und Performance. Vor dem Hintergrund einer fiktiven Olympiade im Ludoj des Jahres 2024 verknüpft seine essayistische Exploration drei Athletinnen mit mythisch überhöhten historischen Frauenfiguren. Kampf – im Krieg, als Entertainment, als Beruf und als gesellschaftliche Rolle – wird zur Brücke zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft während die Grenzen von biologischen, digitalen und mythologischen Körpern zerfließen.
Yile Vianello verkörpert eine Schützin, die an Jeanne d’Arc erinnert. Die Olympiasiegerin Alice Bellandi tritt als fiktives Alter Ego einer Judoka mit Zügen Kleopatras tauf. Sofija Zobina schließlich holt in ihrer Rolle als Fechterin den Kampfgeist der russischen Kavalleristin Nadezhda Durova in die Moderne. Bereits die ersten Szenen markieren klar den mathematisch strengen, räumlich strukturierten Blick des Regisseurs. Dessen architektonischer Berufshintergrund manifestiert sich in einer Inszenierung von rigider Gradlinigkeit und nüchterner Präzision, die bisweilen die trockene Didaktik eines Lehrgangs annehmen.
Die Sportstätten erscheinen als monumentale Plankonstrukte, in denen menschliche Bewegungen nicht mehr organisch und spontan, sondern mit fast maschineller Präzision und Berechnung ausgeführt werden. Der sterile Glanz der Schießanlage, die harten Linien der Fechtbahn, die kantige Form der Judo-Matte: Geometrische Formen prägen die Schauplätze, die einander in ihrer reduzierten Funktionalität trotz ihrer zweckbedingten Verschiedenheit gleichen. Mauro Chiarellos Kamera wirkt fast automatisiert. Körperliche Sinnlichkeit ist weicht unterkühltem Spektakel. Der harte Schnitt folgt dem stilisierten Prinzip perfektionierter Berechnung, seelenlos, spannungslos und spaßbefreit.
Der altgriechische Titelbegriff steht Synonym für den akademistischen Duktus Giulio Bertellis analytischen Spielfilm-Debüts. Das ersteht als visuelles Manifest, in dem Form, Konzept und Struktur über Emotionen, Atmosphäre und Dramatik gehen. Tom Wheatleys elektronischer Score verstärkt und CGI-Bilder versetzen den Sport in eine digitale Echokammer. Sinnbild der artifiziellen Abstraktion des gleichsam präzisen und ermüdenden Triptychons, dem sich die thematische Tiefe seiner Motive und Figuren gänzlich entzieht. Repetition, Reflexion und Reversion sind die bevorzugten Stilmittel eines ebenso disziplinierten wie dumpfen kinematischen Schaustücks.
- OT: Agon
- Director: Giulio Bertelli
- Year: 2025