Der mythologische Titel Evi Kalogiropoulous spekulativen Spielfilm-Debüts scheint bezeichnend passend für ein Werk, das mit archaischen Gender-Konzepten ebenso besessen ist wie mit der Macht des Blicks. Letzter ist eine sklavische Imitation eines objektivierenden Male Gaze in einem pseudo-feministischen postapokalyptischen Actioner, der vergeblich emanzipatorischen Nimbus mit misogyner Macho-Martialik und sexistischen Stereotypen zu vereinen versucht. „Medusa was transformed into a monster as punishment. In Gorgona, this transformation becomes a source of liberation“, kommentiert die Regisseurin und Drehbuchautorin.
Diese masochistische Message von patriarchalischer Unterdrückung als transformative Kraftquelle formt auf visueller, narrativer und inszenatorischer Ebene die derivative Dystopie. In einer von Umweltzerstörung gezeichneten nahen Zukunft besteht Griechenland wieder aus Stadtstaaten. In dem von einer Ölraffinerie befeuerten Ödland regiert der gefürchtete Nikos (Christos Loulis) über ein brutales Patriarchat. Dass der todkranke Anführer seine Geliebte und Schülerin Maria (Melissanthi Mahut) als Nachfolgekandidatin aufstellt, provoziert die männliche Hegemonie – und weckt die Aufmerksamkeit der geheimnisvollen Bar-Sängerin Eleni (Aurora Marion).
Das reißerische Szenario wirkt wie ein pubertärer Abklatsch von Mad Max, 300 und Romeo + Juliet, mit zwei Julias statt einer. Damit das weibliche Kinopublikum zwischen zwei Identifikations-Stereotypen wählen kann und das männliche Publikum mehr zu gucken hat. Genauer gesagt, noch mehr. Sämtliche weiblichen Figuren sind ausnahmslos jung, knapp bekleidet und haben einen normschönen Einheitslook mit langen Haaren, praller Oberweite und Schmollmund. Passend dazu gleicht jede ihrer Körperhaltungen einer Pose wie aus einem alten Pirelli-Kalender.
Die männlichen Pendants dazu in dieser hardcore-binären Gesellschaft tragen Tanktops und Knarren, die sie in Gangster-Film-Manier zücken. Alle Männer sind gewalttätige Macker, alle Frauen sind hilflose Opfer. Mit Ausnahme Marias, die von Nikos schießen gelernt hat. Natürlich zum Austausch gegen Sex, damit es Sex-Szenen im Softporno-Style gibt und weil das hier das einzige ist, was Frauen liefern können. Dieser jingoistische Overkill könnte fast witzig sein, doch Kalogiropoulous Macho-Martialik ist zu selbstverliebt für Subversion und zu assimiliert für Pulp-Charme.
Die an ein gealtertes Musik-Video erinnernde Ästhetik und Rhythmik bedienen einen aggressiven heteronormativen Voyeurismus. Der prototypische Plot zementiert das reaktionäre Dogma von Stärke, Mut und Zusammenhalt als inhärent männlichen Attributen. Diese können Frauen nur von Männern erlernen, um dann zu reden und handeln wie Männer. Derlei Narrative hinterfragen patriarchalische Machtstrukturen nicht, sondern bestätigen und reduplizieren sie. Noch dem gleichen Muster recycelt die platte, oftmals absurd inkohärente und lückenhafte Handlung dramaturgische Versatzstücke eines rein männlichen Kino-Kanons.
In hitzigen Bildern zwischen Musik-Video, Männermagazin und Auto-Reklame-Ästhetik konstruiert Evi Kalogiropoulou einen altbackenen Actioner, der patriarchalische Phantasien und misogyne Machtkonzepte nicht untergräbt, sondern ikonisiert. Die fake-feministische Fusion aus Genre-Versatzstücken, mythologischen Bezügen und Pop-Kultur-Konzepten versandet in markigen Gesten, statt Spannung, Effekte oder psychologische Dynamik zu liefern. Die lesbische Love Story bedient lediglich heteronormative männliche Schaulust. Weibliche Selbstermächtigung bleibt kommerziell kalkulierte Behauptung, präsentiert durch objektivierende Schauwerte statt Handlungsmacht. Patriarchalische Bildsprache bestärkt die reaktionäre Rhetorik binärer Gender-Rollen, weiblicher Ohnmacht und Testosteron-gesteuerter Aggressivität.
- OT: Gorgona
- Director: Evi Kalogiropoulou
- Year: 2025