Neon-beleuchtete Nachtszenen etablieren von der ersten Einstellung die reduktive Perspektive Roderick Warichs exotistischer Elegie. Deren generische Geschichte entfaltet sich als düstere Romanze am sozialen Rand des visuell stilisierten Schauplatzes Bangkok. Dort überschatten Kriminalität, Armut und Ausbeutung den täglichen Überlebenskampf der Figuren, die eine Riege sozialdramatischer Stereotypen darstellen. Die desillusionierte Rezeptionistin Jen (Jutamat Lamoon), die sich mit sexuellen Dienstleistungen für schmierige Touristen durchschlägt, und der beim Glücksspiel verschuldete Barkeeper Wason (Wason Dokkathum) kommen sich näher, nachdem Wason sie vor einem gewalttätigen Kunden beschützt. Hat ihr Liebe eine Chance?
Das klingt nicht nur nach einer Ansammlung sensationalistischer Tropes, sondern sieht auch danach aus. Schummerige Bars und anonyme Hotelzimmer, regennasse Straßen und düstere Gassen, wo zahlende Kunden illegales Glücksspiel und käufliche Nähe finden. Als Wasons Spielschulden ihn zwingen, die Stadt zu verlassen, fährt Jen ihn bis zur nächsten Stadt. Als sie plötzlich verschwindet, ist Wenson einer der wenigen, den das kümmert. Begleitet von Jens Mitbewohnerin Pim (Jutarat Burinok) beginnt er eine gefährliche Suche durch das schillernde Nachtleben Bangkoks, wo es nie Tag zu werden scheint.
Die ständige Dunkelheit passt zu der derivativen Darstellung der Metropole als schillernder Sündenpfuhl. Ein normales Alltagsleben scheint hier kaum zu existieren. Roland Stuprichs geschliffene 4K-Bilder bedienen mit Farbgebung und Komposition touristische Phantasien urbaner Verlorenheit, körperlichen Begehrens und verzweifelter Sehnsucht. Die betörende Aura machen die Stadt zur eigenständigen Protagonistin, die allerdings nicht differenzierter ist als ihre Bewohnenden. Deren prekäre Situation wird durch Neo-Noir-Referenzen romantisiert und ästhetisiert für den Konsum eines weißen westlichen Zielpublikums. Die durch Sprache und den fähigen Cast suggerierte Authentizität scheint da mehr fadenscheinige Verkaufsstrategie.
“Gelebte Erfahrung” habe den Plot seines spekulativen Crime-Dramas inspiriert, heißt es in Roderick Warichs Regie-Kommentar. Doch augenscheinlich war das nicht seine Erfahrung, die hier durch die kommerzielle Linse einer privilegierten Outsider-Position gefiltert wird. Die unüberbrückbare Diskrepanz zwischen Produktionshintergrund und Thematik provoziert Fragen nach Repräsentation und künstlerischem Zugang, sowie der medialen Übernahme kolonialistischen Paternalismus. Ausweglosigkeit und Ausbeutung marginalisierter Gruppen werden nicht ursächlich untersucht oder lebensnah abgebildet, sondern eskapistisch entrückt. Das voyeuristische Schwelgen im affektierten Leiden der Charaktere ist stilistisch geschliffen, doch ethisch kontaminiert.
- OT: Funeral Casino Blues
- Director: Roderick Warich
- Year: 2025