Sehnsucht, Schmerz und Selbstzweifel sind die ungleich tiefgreifenden Themen Celine Songs subtilen Spielfilmdebüts. Dessen Leichtigkeit und Lakonie erhöhen auf paradoxe Weise die unterliegende Tragik der melancholischen Momentaufnahmen, die sich weniger zu einer stringenten Story verdichten als einer cineastischen Kontemplation über die Rolle des Individuums zwischen Selbstbestimmung und Schicksal. Zweites evozieren die autobiografischen Vignetten als das koreanische Konzept In-Yun, einer vorbestimmten Begegnung zweier Menschen, deren Leben verbunden sind. Den Interpretationsspielraum solch einer Konstellation erhellt die Anfangsszene als prophetischer Prolog den Schlussakt der umfassenden Rückblende: unsichtbare Beobachtende spekulieren über die Beziehung einer Frau und zweier Männer, die gegenüber an der Bar beisammensitzen.
Die Frau ist Seung Ah Moon (Greta Lee), Alter Ego der in Korea geborenen Regisseurin und Autorin, die ebenfalls als Kind nach Toronto auswanderte. Ihr gebürtiger und amerikanisierter Rufname „Nora“ implizieren die künstlerischen Ziele, dir ihr mehr bedeuten als ihre Liebe zu Kindheitsfreund Hae Sung (Yoo Teo), der in zwölfjährigem Abstand ihren Weg kreuzt. Das erste Wiedersehen beendet Nora, als ihre Gefühle zu intensiv werden, das zweite initiiert sie, nachdem ihr Schriftsteller-Gatte Arthur (John Magaro) bemerkt, es gäbe eine wunderbare Geschichte. Und das ist das emotionale Essay voll sanfter Symbolik und herbem Humor, die der unaufdringlichen Bildsprache verborgene Deutungsebenen geben.
- OT: Past Lives
- Director: Celine Song
- Screenplay: Celine Song
- Country: USA
- Year: 2022
- Running Time: 106 min.
- Cast: Greta Lee, Yoo Teo, John Magaro, Moon Seung-a, Seung Min Yim, Ji Hye Yoon, Won Young Choi, Ahn Min-Young, Seo Yeon-Woo, Kiha Chang, Shin Hee-Chul, Jun Hyuk Park, Jack Alberts, Jane Yubin Kim, Noo Ri Song, Si Ah Jin
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