Für gewöhnlich sind es männliche Charaktere, denen auf der Leinwand ein Manic Pixie Dream Girl begegnet. Wenn Frauenfiguren wie die Protagonistin Zuzana Kirchnerovás persönlichen Spielfilm-Debüts diese wandelnde Trope treffen, finden sie meist nicht romantische Liebe, sondern Selbstliebe. Letzte haben diese Figuren über die Jahre, die sie Kindern und Familie geopfert haben, meist vernachlässigt. So auch die alleinerziehende Ester (Ana Geislerova), die sich nahezu ununterbrochen um ihren vom Down-Syndrom und ASD betroffenen Sohn David (David Vodstrcil) kümmert.
Ein Urlaub im Ferienhaus eines befreundeten Paares sollte ihr eine kleine Flucht erlauben. Doch Tommaso (Giandomenico Cupaiuolo) und Giulia (Magdalena Teresa Olhova de Pas) ist mit Davids unberechenbarem Verhalten überfordert und die Kinder der zwei sprechen aus, was die Eltern offenbar denken: Sie wollen David nicht bei sich haben. Aus Trotz macht Ester mit David in Tommasos Camper buchstäblich ihre eigene Tour. Mittels dezenter Exposition hat die Regisseurin und Drehbuchautorin da bereits Esters Hauptkonflikte etabliert.
Sie hatte einst eine Beziehung mit dem Freund, der womöglich Davids Vater ist. Umso älter David wird, umso weniger toleriert ihn Esters Umfeld und sie kann ihren fast erwachsenen bei seinen Wutanfällen kaum unter Kontrolle halten. Ein belauschtes Gespräch macht Ester bewusst, dass andere sie bemitleiden. Könne sie nicht irgendein Hausmädchen anstellen, das ihr mit David hilft, fragt Giulia in diesem Gespräch. Und wie herbeigerufen trifft Ester an einer Raststätte die unkonventionelle Zuza (Juliana Brutovska).
Esters lebenslustige neue Freundin wirkt nicht zufällig wie eine jüngere Version ihrer selbst oder die Person, die Ester ohne ihren Sohn hätte sein können. Intuitiv scheint Zuza zu wissen, was Ester braucht, und gegenüber David hat sie in jeder Hinsicht keinerlei Berührungsängste. Während Zuza ihn als großes Kind zu sehen scheint, ist sein Interesse auch sexuell. Doch nicht nur dieser sich scheinbar anbahnende Konflikt versandet. Die Story läuft ins Leere und endet bevor sie in Fahrt kommt.
Die interessantesten Momente Zuzana Kirchnerovás autobiografisch geprägten Road Movies entstehen durch die einfühlsame Übernahme von Davids Perspektive und die Beobachtung seiner innigen Beziehung zu seiner Mutter. Zuzana Kirchnerová hat selbst ein Kind mit ASD und Down-Syndrom und ihre Erfahrungswerte scheinen durch diese zärtlichen Szenen. Deren Authentizität fehlt jedoch der übergreifenden Story, die sich an narrativen Stereotypen entlang hangelt. Zuza bleibt als Schlüsselfigur seltsam seelenlos; eine Dea ex machina, die dem nuanciert gespielten Mutter-Sohn-Drama Momentum verleiht.
- OT: Caravan
- Director: Zuzana Kirchnerová
- Year: 2025