„Eines weiß ich: Diesen Film zu machen war eine unglaubliche Hilfe.“ Zoe Chantres Aussage zum Schluss des Regie-Kommentars ist beruhigend, denn er gibt die Gewissheit, dass ihr Berlinale-Beitrag wenigstens einer Person gut tat. Was die Regisseurin zum Schluss des Films sagt, weiß ich nicht, denn fünf Minuten vor Ende der nur 65 minütigen Laufzeit war meine Schmerzgrenze erreicht. Die der Autorin des medizinischen Selbstbildes ist gemessen daran, was sie dem Publikum zumutet, höher angesetzt. Seitdem bei ihr in der Kindheit Skoliose diagnostiziert wurde, gehört physisches Leiden zum Leben der Filmautorin.
„In dieser Krise zeichnete meine Hand, was sie zu sehen glaubte.“ Jedes der mit Strichmännchen und Skizzen gespickten Hefte sei ein Tagebuch davon, wie sie ihre Wirbel wahrnehme, erklärt Chantre. Ihr erklärtes Ziel ist „meine Geschichte und insbesondere die Geschichte dessen, was mit meinem Rücken, meinem Kopf geschieht“ zu erzählen. Zu Akkordeon-Klängen vergleicht sie die Rückenverkrümmung mit der des Instruments, ein Hausflurfoto assoziiert die Wirble mit einer Wendeltreppe. Solch platte Symbolik verbinden handgeschrieben Notizen. Chantre selbst bleibt meist im Off. Von dort bestückt sie die dokumentarische Selbstbespiegelung mit banalen Anekdoten, die der Umstand, dass eine Kranke sie erzählt, bemerkenswert machen soll. Die Decke, um die sie im Krankenhaus bittet, kommt nicht und zum Frühstück gibt es Schmerz- und Beruhigungstabletten. Die wünscht man sich angesichts der gehaltlosen Ego-Schau auch.
Falls das einen von der Pressevorführung in die Berliner Charité befördert, kann man die Chance nutzen: zu einer weiteren redundanten Selbstinszenierung. „Es gibt kein Versagen, sondern nur die Lernkurve.“ heißt es einmal. Ihr Filmversuch beweist das Gegenteil.
- Regie: Zoe Chantre
- Drehbuch: Zoe Chantre
- Produktionsland: Frankreich
- Jahr: 2012
- Laufzeit: 65 Min.
- Beitragsbild © Berlinale