Behördliche Korruption und Polizeigewalt haben Philadelphia zur US-Metropole mit den meisten Gefängnisinsassen gemacht. Als eine Schmiergeld-Affäre den fest mit der Polizei verbrüderten Bezirksstaatsanwalt zu Fall bringt, schlägt die Stunde seines idealistischen Widersachers. Larry Krasner war als Stammverteidiger von Bürgerrechtsbewegungen wie Black Lives Matter ein Vorkämpfer juristischer Reformen und erklärter Gegner der Law & Order Mentalität. Als Spitzenkandidat für das vakante Amt will er nun unterstütz von einem diversen Team den Justizapparat von innen aufrollen.
Klingt nach dem Intro einer typischen Gerichtsserie aus dem US-Fernsehen? Ist die Produktion der nichtkommerziellen Sendergruppe PBS auch. Der markante Unterschied: Der Held, zu dem das Macher-Duo Ted Passon und Yoni Brook seinen Hauptcharakter stilisiert, ist real. Oder differenzierter formuliert: Larry Krasner ist eine reale Persönlichkeit, die Fälle, die sein Team bearbeitet, sind echt. Ihre gemeinsamen Entschlüsse haben nicht nur dramatische, sondern konkrete Folgen für die Einwohner der über-überwachten Stadt und Realkulisse.
So packend die Prämisse klingt, so ambivalent bleibt das Resultat in den ersten beiden Episoden, die im Rahmen der Berlinale Series vorgestellt werden. Obwohl als rein dokumentarische Form kategorisiert, hat der geradezu euphorische Tenor, in dem Krasner als Retter der Armen und Entrechteten gefeiert wird, ein manipulatives Air. Die Rollen sind hier klar verteilt, der Handlungsbogen wirkt wie vorgeschrieben. Das kompromittiert nicht nur den Authentizitätsanspruch der technisch tadellosen Serie, sondern deren zur Schau gestellten Idealismus.
Zu einem gewissen Grad ist die Begeisterung, mit der das Regie-Gespann Ted Passon und Yoni Brook den 2017 überraschend ins Amt des Bezirksstaatsanwalts der Knast-Metropole Philadelphia berufenen Berufsverteidigers Larry Krasner verständlich. Nicht jedoch, dass der aalglatten Inszenierung darüber Objektivität und Transparenz verloren zu gehen droht. Die Mitbeteiligen einer Medienlandschaft, die dem Publikum lieber ethische Superhelden präsentiert statt fehlbarer Menschen, an Vertuschung und Lobbyismus bleibt in der unilateralen Ikonographie ebenso unerwähnt wie wahlstrategische Interessen.
- OT: Philly D.A.
- Regie: Ted Passon, Yoni Brook
- Drehbuch: Ted Passon, Yoni Brook
- Produktionsland: USA
- Jahr: 2021
- Laufzeit: 115 min.
- Cast: Larry Krasner, Dana Bazelon, Safiya Umoja Noble, Bob Listenbee, Movita Johnson-Harrell, Lynne Abraham, Keisha Hudson, Lisa Rau, Tracy Tripp, Linn Washington, Aramis Ayala, Joseph Chamberlin, Mensah Dean, Dionne Galloway, Abraham Gutman, Lisa Harvey, John McNesby
- Kinostart: –
- Beitragsbild © Berlinale