New Orleans ist der abblätternde Prunk alter Kolonialbauten und der Natur trotzende Ruine. New Orleans ist Robert Johnson, der nachts zu einem einsamen Kreuzweg geht, mit einem Hühnersandwich und seiner Gitarre. Beides gibt er dem dort wartenden Fremden, der die Gitarre stimmt und schmatzend das Sandwich verschlingt. „Deine Seele,“, sagt er, „würde mir noch viel besser schmecken.“ Der Musiker reicht ihm seine Seele und der Teufel frisst sie. „Yum Yum!“ Die Legende erzählt Autor Darius James in Oliver Hardts filmischem Versuch einer intersektionalen Kulturdokumentation. Sein Leinwand-Essay tastet nach dem Grenzgebiet zwischen Geisterreich, Glaube und Gegenwartsrealität und orientiert sich dabei vor allem an James.
Ihn führte der Tod seines Vaters zurück in die USA, wo er sich auf eine klassische Spurensuche begibt. Von den urbanen Künstlerkreisen Brooklyns und Harlems geht es in die Hitze der Südstaaten. Eine Landschaft, wo die Leute Kirchgänger seien und nach dem Gottesdienst die Nachbarn zum Barbecue einlüden, erzählt James: „Aber es ist auch die Landschaft des Hoodoo.“ Hoodoo im Gegensatz zu Voodoo keine Religion sondern ein Konzept folkloristischer Magie: Flüche, Schutzzauber, Liebeszauber, Totenzauber. Einen Totenkopf zeigt ein Graffiti an einer Hauswand in New Orleans, wo Drehbuchautor und Regisseur die in der angloamerikanischen Popkultur dämonisierte und kommerzialisierte Facette afroamerikanischer Spiritualität erkunden.
Sie lebt in den Klangkulissen der New Yorker Musikerin Val Jeanty und den Arbeiten des Chicagoer Objekt- und Performance-Künstlers Nick Cave. Die Bedeutung des Karnevalistischen und Klerikalen sowie der Verschmelzung beider in Maskeraden schlägt den Bogen zu den Masken von James´ Vater. Als Ritualobjekte bezeugen sie die Ästhetisierung von Naturreligion als Mittel der Domestizierung, Marginalisierung afroamerikanischen Kulturerbes und Verdrängung heidnischen Volksglaubens durch christliche Doktrin. Von der repressiven Überlagerung distanziert sich die Hommage an den lebendigen religiösen und spirituellen Synkretismus. „Je mehr wir diese Objekte betrachten, desto mehr verstehen wir sie.“ heißt es einmal. Das mit dem Angucken hat Hardt jedenfalls schonmal geschafft.
- OT: The United States of Hoodoo
- Regie: Oliver Hardt
- Drehbuch: Darius James
- Produktionsland: USA, Deutschland
- Jahr: 2012
- Laufzeit: 100 min.
- Cast: Nick Cave, Darius James, Val Jeanty, Shantrelle P. Lewis, Danny Simmons
- Kinostart: 26.06.2012
- Beitragsbild © RealFiction