Besser im Schatten eines Mannes stehen als im Schatten einer Mauer. Sovermittelt eine der Frauen, denenHanan Abdalla in ihrer prägnanten Dokumentation eine Stimme gibt, ihre Desillusionierung und Indoktrinierung. Hinter dem Lächeln der69-jährigen Wafaa liegen Bitternis undverstecktes Leid, das sie zu akzeptieren gelernt hat. Wie es von Frauen in Ägyptens repressiver Gesellschaft verlangt wird. Die Protagonistinnen des engagierten Kinodebüts widersetzen sich dem Zwang und berichtender britischen Regisseurin von ihrem Kampf um Würde und Freiheit.
Vier markante Porträts zeigen die Lebenssituation und soziale Position grundverschiedener Frauen im Ägypten nach der Revolution. Hoffnungen hegt keine von ihnen, nicht mehr. Fast nichts hat sich geändert, sagt Badreya. Nur eines, dass sie zum ersten Mal hätte wählen können. Doch an diesem Tag musste sie auf dem Hof arbeiten. Vor ihrer Heirat wollte Badreya zur Kunsthochschule, Malerin werden. Stattdessen kamen ein Mann und vier Kinder: „Also habe ich mich damit abgefunden und hier sitze ich nun.“
Eine Frau könne nicht unabhängig sein in einem abhängigen Land, nicht effizient in einem ineffizienten Staat, sagt sie. Das Regime ist weiterhin eine patriarchalische Diktatur, dessen Doktrin auf einige Protagonistinnen abgefärbt hat. Dass Frauen minderwertig seien, ist selbst denen in Fleisch und Blut übergegangen, die sich wie die selbstbewusste Ladenbesitzerin Suzanne äußerlich dagegen auflehnen. Andere wie die politische Aktivistin Shahinda kämpfen täglich für eine Chance, eine Zukunft. Für sie ist die Revolution noch lange nicht zu Ende.
„Von dem Moment, indem in Ägypten ein Kind geboren wird, gibt es Diskriminierung zwischen Jungen und Mädchen“, resümiert Shahinda. In Ägypten und überall auf der Welt.
- OT: In the Shadow of a Man
- Regie: Hanan Abdalla
- Drehbuch: Hanan Abdalla
- Produktionsland: Ägypten
- Jahr: 2011
- Laufzeit: 65 min.
- Beitragsbild © Berlinale