Im besten und schlechtesten Sinn wirkt Gia Coppolas desillusioniertes Drama wie eine unebene Mischung aus den anspruchsvoll apostrophierten Hollywood-Dramen abgehalfterter Performer wie Darren Aronofskys The Wrestler oder Scott Coopers Crazy Heart und Sean Bakers Kino. Auch seine Figuren verkaufen Sexiness, Show und Fantasien, genau wie Shelly (Pamela Anderson). Doch anders als die älteste Tänzerin einer Las Vegas Bühnenshow kurz vor der Schließung kaufen sich Bakers Figuren nicht selbst die Illusionen ab, die sie vermarkten, und haben eine menschliche Tiefe und Authentizität, an die Coppola und Drehbuchautorin Kate Gersten nie heranreichen. Das liegt keineswegs an Anderson, die alles in den Part steckt.
Ihr ungestyltes Äußeres, ihr eigenes Image als verlassende Star-Schönheit wie Shelly, ihr wahres Alter. Das verrät die rat- und hilflose Protagonistin schließlich wütend bei einem aussichtslosen Casting. In der auf Aussehen und Jugend fixierten Kunstwelt des schäbigen Schauplatzes ist sie Relikt einer anderen Ära wie ihre Show. Deren Name „Razzle Dazzle“ evoziert Glitzer und Glamour, von denen Shelly beständig vor ihren jungen Kolleginnen Marianne (Brenda Song) und Jodie (Kiernan Shipka) schwärmt und ihrem Heimkino anhimmelt. Nur war die Illusion immer eine solche; alle wussten das außer Shelly, die mit mädchenhafter Marilyn-Stimme und geziertem Auftreten weniger ein Individuum verkörpert als einen Typ.
Das ist jener der tragischen Titelfigur, die ihr Leben einem traumhaften Trugbild gewidmet hat, auf den nun entglitt das unsanfte Erwachen folgt. Ihre bei Pflegeeltern aufgewachsen Tochter Hannah (Billie Lourd) und ihr Bühnenmanager und Ex Eddie (Dave Bautista) sind Andeutungen persönlicher Opfer und eines Existenzkampfs, dessen Härte das Schicksal ihrer ehemaligen Bühnenkollegin Annette (eine oscarwürdige Jamie Lee Curtis) und Jodies gebrochener Familienbeziehung andeuten. Doch dieser Schatten alter Wunden und versteckter Verletzlichkeit bleibt zu vage. Zu oft verwässert die verträumte Story ihre menschlichen Momente mit seichten Gags und retuschiert die harsche Realität mit einer Leinwand-Illusion ähnlich der, die nur scheinbar demaskiert wird.
Trotz schillernden Schauspiel von Pamel Anderson und Jamie Lee Curtis bleibt Gia Coppolas melancholisches Memorial letztlich eine illusionierte Imitation des psychologischen Tiefgangs und sozialkritischen Komplexität der filmischen Vorbilder. Eine, die wie ihre paradigmatische Hauptfigur selbst an das Konstrukt glaubt, das sie darstellt.
- OT: The Last Showgirl
- Director: Gia Coppola
- Screenplay: Kate Gersten
- Year: 2024
- Distribution | Production © Constantin