Susi Salmon (Saoirse Ronan) heißt schon so wie die fiktive Figur einer zuckersüßen Gute-Nacht-Geschichte, die auf pädagogisch wertvolle Inhalte bedachte Eltern zur eigenen Beruhigung vorlesen. Daher kommt die pünktliche Ermordung der ätherischen Hauptfigur von Peter Jacksons Fantasymärchen in doppelter Hinsicht gelegen. Dem Publikum wird die Stupidität der Protagonistin verborgen und der Protagonistin das Erwachsenensein erspart. Susi ist auf ewig „gefangen in einer perfekten Welt“ wie der einsame Pinguin in ihrer Schneekugel. Der Pinguin sei glücklich dort, sagt Susis Vater (Mark Wahlberg) in einer bizarren Verklärungen des komplexen Verlusts, den die zuckerige Story stilisiert.
Alice Sebolds Buchvorlage instrumentalisiert Trauer, Wunschdenken und Verlustverleugnung effektiv in einem Potpourri aus Kitsch und Kalkulation. Der Lord of the Rings-Regisseur bastelt daraus eine CGI-lastige Reklame für einen christlichen Himmel, in den alle braven Mädchen mit niedlichen Namen kommen. Selbstverständlich auch Susi, die vom Nachbarn Mr. Harvey (Stanley Tucci) ermordet wurde. Würde der unerkannte Serientäter die Mischung aus Familienmelodram und seichter Berieselung sehen, wäre sein Gewissen vermutlich leichter als es der überaus empathische Plot darstellt. Das artifizielle Jenseits ist ein glitzernder Spielplatz, dessen Besucherinnen niemals altern und den Aktionen der Hinterbliebenen als Endlos-Soap-Opera zuschauen.
Die „The Salmons after Susi“-Show ist weder bewegend noch spannend. Einzig Susan Sarandon bringt komödiantische Auflockerung in das pittoreske Vorstadt-Szenario, dass die Hauptfigur aus unerfindlichen Gründen vermisst. Doch Frustration ist in den Elysischen Gefilden bloß Mittel zum Zweck und der religiöse Läuterung. Ob ein hässlich eingerichteter Himmel, der total unglücklich macht, nicht tatsächlich die Hölle ist, warum der Schöpfer dieses Reichs es nach dem Puppenhaus-Modell eines perversen Serienkillers erbaut hat und warum überhaupt selbiger Perverser ungestraft morden darf – wen kümmert‘s? Rodeln wir noch eine Runde im Winterwunderland, rennen über wogende Kornfelder und bewundern Lebensbäume.
Lovely Bones nennt Susi das Beziehungsgeflecht, welches um die von ihr hinterlassene Lehrstelle wächst. Morbide Masse, der Geist und Herz in all ihrer semantischen Bedeutungsvielfalt fehlen, ist auch die klebrige Kinder-Killer-Mär: putzig, aber tot.
- OT: The Lovely Bones
- Regie: Peter Jackson
- Drehbuch: Peter Jackson, Fran Walsh, Philippa Boyens
- Produktionsland:
- Jahr: 2009
- Laufzeit: 123 min.
- Cast: Saoirse Ronan, Mark Wahlberg, Rachel Weisz, Stanley Tucci, Susan Sarandon, Michael Imperioli, Carolyn Dando, Rose McIver
- Kinostart: 14.01.2010
- Beitragsbild © Paramount