“Ein Drama, aber ohne Konflikte“, beschreibt Olivia Colemans Hannah – „eine Filmregisseurin und eine Mutter und eine Frau“, wie die Protagonistin Sophie Hydes bitter-süßem Familienroman wiederholt nennt – ihr jüngstes Filmprojekt gegenüber den skeptischen Produzierenden. Eine von denen fragt zweifelnd, ob das ginge, ein Drama ohne Konflikte? Die australische Regisseurin setzt jedenfalls alles daran, genau das zu realisieren. Die zutiefst persönliche Story, deren Drehbuch sie mit ihrem Partner Matthew Cormack verfasste, ist in vielerlei Hinsicht ihre eigene.
Hannah ist ebenfalls mit ihrem Kollegen (Daniell Henschall) verheiratet und beide haben ein non-binäres Kind im 16-jährigen Francis, verkörpert von Hydes eigenem Nachwuchs Aud Mason-Hyde in einer eindrucksvollen Schlüsselrolle. Gemeinsam besuchen die Drei in Amsterdam Hannahs schwulen Vater Jim. Jimpa (John Lithgow), wie Francis den charismatischen Titelcharakter nennt, blickt au ein bewegtes Leben zurück, und ist das Herz einer ethnisch und sexuell diversen Gemeinschaft. Hannah liebt ihren Vater innig, aber ringt durch mit seiner Konfrontation Art.
Die Etablierung der verschlungenen Verwandtschafts- und Freundschaftsverhältnisse des stetig wachsenden Kreises an Figuren beansprucht einen Großteil der gewollt unaufgeregt dahin treibenden Handlung. Die kommt dann doch nicht ganz ohne Konflikte aus. Francis muss das Idealbild des Großvaters einem realistischeren anpassen, neue Enthüllungen rühren an alte Wunden und die ausufernde Wahlfamilie erwartet ein schwerer Abschied. Dessen Vorankündigung durch Hannahs Hadern mit dem Einschläfern ihres Hundes etabliert die konzentrische Struktur einer Charakterhommage voller Liebe – besonders zur Selbstbespiegelung.
Der Reiz Sophie Hydes warmherzigen Wohlstandspanoramas sind das einfühlsame Schauspiel und die vielschichtige Dynamik zwischen den Charakteren. Dass der stetig Fenster in die Vergangenheit seiner Protagonist*innen öffnende Plot nie diese Intensität erreicht, liegt paradoxerweise an der deeskallierenden Dramaturgie. Zwar wird angedeutet, dass die Konfliktscheue der Hauptfigur in der konträren Natur ihres Vaters begründet liegt, doch wird diese Vermeidungsstrategie weder dramatisch noch inszenatorisch überwunden. Zwischenmenschlicher Tiefgang kontrastiert mit der seichten Selbstgerechtigkeit unendlich privilegierter Bildungsbürger-Bohème.
- OT: Jimpa
- Director: Sophie Hyde
- Screenplay: Sophie Hyde, Matthew Cormack
- Year: 2025
- Distribution | Production © Kismet