Vorstadt-Thriller, Torture-Softporn und Nazi-Exploitation verschmelzen zu lachhaftem Psycho-Pulp in Yuval Adlers unerbetener Trivialisierung von Ariel Dorfmans Death and The Maiden. Den schätzen der Regisseur und sein Co-Drehbuchautor Ryan Covington augenscheinlich so gering, dass sie nicht nur die Haupthandlung klauen, sondern deren Kernaussage pervertieren. Während die Bühnenvorlage Rechenschaft über Rache stellt und die moralische Überlegenheit der Überlebenden betont, nivelliert Adlers krude Inszenierung das ethische Gefälle zwischen dem rumänischen Kriegsopfer Maya (Lisbeth Salander mit Lockenwicklern: Noomi Rapace) und dem neu an den 50er-Schauplatz gezogenen Thomas (Joel Kinnaman), in dem sie ihren Nazi-Folterknecht zu erkennen meint.
Polizei informieren? Mossad? Nö, sie kidnappt ihn auf offener Straße am helllichten Tag. Merkt keiner. Auch nicht das unübersehbar ausgehobene Grab, Blutspuren, Hilferufe und aberwitzig selbstverräterisches Verhalten seitens Mayas und ihres Arzt-Gatten Lewis (Chris Messina). Der glaubt ihr trotz suspensefrei eindeutiger Beweislage zwar nicht, unterstützt aber ihre Exekutionspläne, denn „wir machen alles zusammen“. Nicht nur derartige Dialoge reduzieren den Plagiat-Plot zur unfreiwilligen Parodie. Neben Plausibilität und Psychologie mangelt der ebenso reißerischen wie feigen Inszenierung Pietät. Holocaust, Überlebensschuld, Trauma und Selbstjustiz werden motivisch aufgefahren, um daraus spekulativen Pathos und behauptete Relevanz zu wringen. Das reicht nichtmal zu genuinem Trash.
- OT: The Secrets We Keep
- Regie: Yuval Adler
- Drehbuch: Yuval Adler, Ryan Covington
- Produktionsland: USA
- Jahr: 2020
- Laufzeit: 97 min.
- Cast: Joel Kinnaman, Noomi Rapace, Amy Seimetz, Chris Messina, Lucy Faust, Kadrolsha Ona Carole, Victoria Hill, David Maldonado, Jeff Pope, Ritchie Montgomery, Ed Amatrudo, Miluette Nalin, Frank Monteleone, Jackson Dean Vincent, Michelle L. Clarke, Michael Biss
- Kinostart: 05.11.2020
- Beitragsbild © Leonine