“You will inherit the herder’s way of life. It is our duty to keep our ancestors tradition alive.” Diese Worte gibt der Vater des jungen Protagonisten Kasimir Burgess’ epischer Natur-Doku seinem Sohn mit, als er sich für die handlungszentrale Herausforderung vorbereitet. Während des titelgebenden eisigen Winters muss Batbold die 1000 Pferde seines Klans hüten. Die erhabene Landschaft des Tsakhir Tals wird zur eindrucksvollen Kulisse einer Reifeprüfung, die für den 18-jährigen Protagonisten zugleich eine persönliche Wegfindung darstellt.
Die Tradition der Winterweide, die er lebendig erhalten soll, ist im Grunde bereits erloschen. Sein Vater Bayankhangai versucht aller ökonomischen und kommunalen Hürden zum Trotz sie wiederzubeleben. Batbold ist im Doppelten Sinne ein Protagonist in diesem verzweifelten Auflehnen. Seine eigenen Interessen und Sehnsüchte scheinen nachrangig in diesem existenziellen Kampf gegen eine unerbittliche Urbanisierung. Das innere Ringen des Heranwachsenden wird zur psychologischen Parallele der Gefahren, denen er während des kältesten Winters seit der meteorologischen Aufzeichnungen trotzen muss.
Ben Bryans Kamera kann sich kaum sattsehen an der grandiosen Landschaft, die sich schier unendlich um die Batbold und seinen Kameraden Tsaaganna erstreckt. Klirrende Kälte, die Weite der Steppe, jagende Wolfsrudel, stürmische Pferde und selbstgeschlachtete Fleischmahlzeiten werden zu stilisierten Symbolen eines archaischen Männlichkeitsideals. Batbolds Neigung zu einem modernen Leben in der Stadt erscheint vor diesem Hintergrund als falsches Versprechen und Verrat an dieser patriarchalischen Projektion. Jene rückt die malerischen Panoramaszenen, deren Hochglanz-Optik an klassisches Abenteuer-Kino erinnert, trotz ihrer dokumentarischen Form näher an eine Inszenierung.
Den faszinierenden Themen-Komplex seiner ethnografischen Expedition reduziert Kasimir Burgess auf ein konservatives Konstrukt von Männlichkeit. Dieser romantisierte Revisionismus ignoriert die repressiven familiären und sozialen Strukturen, die den vermeintlich richtigen Weg seines Hauptcharakters vorgeben, ebenso unkritische wie die rigiden Gender-Rollen und gemeinschaftlichen Hierarchien. Eklektischer Exotismus, mythologisierter Machismo und naive Nostalgie verschmelzen zu einer visuell verlockenden, doch inhaltlich hohlen Hymne auf sturen Traditionalismus und kulturelle Zwänge. Der Filmtitel wird zur unfreiwilligen Metapher eines reaktionären Eskapismus, der die Komplexität der interessanten Materie zugunsten sentimentaler Ikonographie nur streift.
- OT: Iron Winter
- Director: Kasimir Burgess
- Screenplay: Kasimir Burgess
- Year: 2025
- Distribution | Production © REPEATER PRODUCTIONS