“This film features scenes that could shock the sensitivity of some viewers.”, mahnt die Website des Locarno Film Festivals, das Rosanne Pels zweiten Spielfilm aus unerfindlichen Gründen in seinen renommierten Wettbewerb gehievt hat. Auch wenn die betuliche Dramödie um zwei verkrachte Schwestern nicht danach aussieht, ist die Warnung durchaus angebracht. Nur welche Szenen konkret gemeint sind, lässt sich schwer festlegen. Auf irgendeine Art – inszenatorisch, narrativ, figurendynamisch – ist alles schockierend in der faden Familien-Farce, die womöglich ein ernsthaftes Drama sein soll oder ein satirisches Sittengemälde.
Als Letztes wäre die ziellose Geschichte um Anne (Jil Krammer) und Charlotte (Susanne Wolff), die bei der Rückkehr in das Herrenhaus ihrer eigensinnigen Mutter Ines (Hildegard Schmahl) wieder in ihren alten kindischen Konkurrenzkampf verfallen, etwa so gelungen wie die krakelig-kitschigen naiven Gemälde an Ines Wänden. Eines davon zeigt die rüstige Rentnerin auf dem Rücken des titelgebenden Tiers, mit dem die Schwestern das Erbe, auf das sie bereits spekulieren, teilen müssen, und zudem Mamas Liebe. Eingedenk der Schock-Warnung fragt man sich unweigerlich, ob die zu sehr dem Esel gilt.
Falls dem so sein sollte, hält die Regisseurin und Drehbuchautorin es diskret verborgen. Im Gegensatz zu den permanenten Streitereien und Selbstmitleids-Exzessen Charlottes und Annas. Erste ärgert sich über ihre Falten, zweite über ihr massives Übergewicht und beide über Ines Geldausgaben für den Esel. Echte Probleme existieren nicht, sodass Lappalien zu tiefgreifenden Konflikten stilisiert werden. Diese narzisstische Theatralik ist nicht dramaturgisches Instrument, sondern vielmehr internistischer Teil der Inszenierung. Pel sieht offenbar profunde Relevanz in der Zankereien, an denen irgendwie Ines schuld sein soll.
Doch solche Aspekte psychologischer Manipulation und kindlicher Konditionierung werden nicht ansatzweise untersucht. Die Charaktere werden nie mehr als gehässige Stereotypen, deren biografische Bindungen verworren bleiben. Das liegt auch an den schwachen Leistungen der Darstellerinnen, die ihre ausschweifenden Dialoge wie Schultheater aufsagen. Exemplarisch dafür ist eine langwierige Anekdote Annes, die mittendrin als erfunden enthüllt wird. Die interessanten Themen, die in besagter Anekdoten angeschnittenen werden, tauchen nie wieder auf. Genauso wenig wie der Esel, dem das ermüdende Dramolette erspart bleibt. Schockierend heißt manchmal eben nur schockierend nichtig.
Wenn Rosanne Pel gar nichts mehr einfällt, um ihre unausgegorene Familienstory mit Bildern zu füllen, zeigt die Kamera einfach einen endlos langen Stoff-Krabbeltunnel. Was es mit dem rötlich ausgeleuchteten Spielobjekt auf sich hat, bleibt wie so vieles in der substanzlosen Story unklar. Womöglich ist es einfach ein Gag zu lasten des Kino-Publikums, das hier buchstäblich in die Röhre guckt. Zwischen unfreiwilliger Komik und banalen Zwistigkeiten stolpert das dialoglastige Bürger-Theater ungelenk hin und her. Kamerabilder in austauschbarer Seifenopfern-Optik und aufgesetzte Darstellungen besiegeln das Scheitern.
- OT: Donkey Days
- Director: Rosanne Pel
- Year: 2025